Es war Hebst; Ende Oktober. Wir sprachen über Wasser. Ich behauptete, Wasser wäre immer das gleiche, egal wo es auf Erden zu finden war, H2O. Sie hat Ahnung von Steinen, Strahlungen und der Art Zeug und war anderer Meinung. Ein paar Tage später stiegen wir mit der Gondel aufwärts und gingen dann weiter zu Fuß, bis die Männer eine Pause wollten. Die Frauen wollten noch näher zum Gipfel, da waren sie den Gemsen tatsächlich ganz nahe und genossen den Blick ins Land hinaus. Irgendwann gesellten wir uns zu ihnen und stellten fest, daß es dort Berganemonen gab. Bergabgehen machte Spaß, außer daß ich einmal an einer engen Stelle ausrutschte und sie wurde blass. Danach lief ich langsamer und irgendwann setzten wir uns auf einen großen Stein, hielten geruhsam Brotzeit. Die kleinen Enziane waren so blau und immer neue Bilder, neue Silhouetten ragten auf, baten danach, fotografiert zu werden. Das taten wir, reichlich. In einem Tal weit unten glitzerte ein silbern See, so zauberhaft, hier wollten wir ein Foto haben von uns vier mit dem Zaubersee unten im Hintergrund. Wir warteten kurz, bis ein freundlicher Mensch vorbei kam, der uns fotografierte; im Gegenzug versprachen wir, ihn nicht zu vergessen. Ich erinnere mich an ihn, immer wenn ich das Foto anschaue, doch das Blausilbrig-magische des Sees kommt in dem Foto nicht ’rüber. Es ruht allein in meiner Erinnerung. Und dann kamen wir an den Wasserfall vorbei. Wir formten unsere Hände zu Kelchen und tranken lang, tief und durstig aus dem strömenden Wasser. Es schlug in mich wie ein Schlag und ich sagte ihr entzückt, daß ich Wasser so rein, so köstlich bisher noch nie getrunken, nie geschmeckt hatte. Meine Augen mussten gefunkelt haben, denn sie lachte und saget zu mir auf Englisch: „Did I hear you say at one occasion that water is the same everywhere, H2O?“ Langsam wich das Licht des Tages. Und noch in der Dunkelheit gingen wir vier mit schönen Gesprächen nach Oberstdorf zurück. Mondsichel und Venus leuchteten am Himmel und ein tausend funkelnde Sterne.
– Che Chidi Chukwumerije.
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Ich bin wirklich beeindruckt von deiner Sprache. Was für ein Talent, wenn man in eine fremde Sprache so eintauchen kann, dass man sie besser als mancher Muttersprachler gebrauchen kann. Dein Deutsch ist sehr poetisch und sehr bildlich. Eine wahre Freude dich zu lesen. Meine Hochachtung für soviel Sprachgefühl. Ich bin im Englischen weit davon entfernt. Ich nutze es zwar zu Hause und auch im Beruf und bin nicht so schlecht. Aber zur Poesie reicht es lange noch nicht. Doch ich höre nicht auf zu lernen.
Danke für deine schönen Geschichten.
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Ich danke Dir auch für Deine Anteilnahme. Die weiß ich sehr zu schätzen. Du hast mich nun mit Deinen Worten schon ein bißchen in Verlegenheit gebracht 🙂 . Mir macht es einfach Spaß und es bereitet mir Freude, jedes Mal, wenn ich ein Gedicht schreibe.
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Deine Geschichte ist so lebendig und sprudelnd erzählt, dass ich dadurch erneut erinnert werde, wie kostbar Wasser ist.
Ich grüße Dich herzlich -Barbara
Leben-diges Wasser
Wasser tropft
vom Felsenrand
tönend tropft es
fällt gewandt
tänzelnd sich windend
wieder verschwindend
weiter fließend
erneut sich ergießend
Das gleiche Wasser
vor tausend Jahren
haben es andere
Steine erfahren
an einem anderen Ort
Dort tropfte Wasser
vom Felsenrand
tropfend tönend
fiel gewandt
tänzelnd sich windend
wieder verschwindend
um weiter zu fließen
und sich zu ergießen
© bmh
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Danke, Barbara,
ein richtig schönes Gedicht ist das! 🙂
Danke fürs Mitteilen…
Wasser ist ein Geschenk sondergleichen.
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Lieber Che,
du erzählst so lebendig, dass ich mich richtig mit “drin” fühle in dieser Begebenheit.
Danke, dass du uns an deiner Wasser-Erfahrung teilhaben lässt!
Herzliche Abendgrüße schickt dir
Marina
(die Wasser sehr liebt 🙂 )
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Vielen Dank fürs Lesen und Kommentieren, Marina.
Alles Gute und schöne Grüße.
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