Papa, über was schreibst Du heute ein Gedicht? Ich weiß nicht. Über was soll ich heute schreiben? Über mich. Über Dich? OK. Nein! Spaß! Bitte nicht! Zu spät. Der Gedanke ist gekommen und muss nun bleiben. Und muss nun wachsen, betreut von meiner Liebe, und mich verändern, während ich ihn auch verändere; dann, vollendet, mich zu verlassen, um im Weltgetriebe eigenständig zu wirken für eine neue Welt, eine bessere. Che Chidi Chukwumerije Im Jahrzehnt der Deutschen Dichtung
der Dichtung
ERST EMPFINDEN, DANN DENKEN
Ich denke, denke ich - Aber denke ich wirklich? Oder denke ich gar nicht, sondern empfinde ich schlicht? Ich denke, empfinde ich; Aber ich empfinde, denke ich nicht - Denn mein Denken kann schließlich nach dem Unerklärlichen greifen und doch mein Empfinden nie begreifen, nur empfangen. Das weiß jedes Gedicht: Ein Teil des Denkens ist langen, der seltsame Teil aber ist empfangen. Che Chidi Chukwumerije Im Jahrzehnt der Deutschen Dichtung
———————-
Eine ausführliche Behandlung der Begriffe „denken“ und „empfinden“, in Bezug auf sowohl den Unterschied zwischen ihnen als auch ihren Bezug zu einander, unternimmt Abd-ru-shin in seinem Werk „Im Lichte der Wahrheit – Gralsbotschaft“. Für mich, stets zum Empfehlen.
ICH SAGE NICHTS MEHR
Ich sage nichts mehr, sage ich und habe somit unendlich mehr gesagt als ich sagen sollte. Hätte ich lieber schweigen sollen, als ich gefragt wurde, was ich dazu sagen würde - Jede Äußerung ist eine schwere Bürde für jeden, der eine zu formulieren wagt. Che Chidi Chukwumerije Im Jahrzehnt der Deutschen Dichtung
EMPFINDE DIE ERBSE
Übe und lerne unruhig zu liegen auf weichen sanften bequemen Betten wie die Prinzessin auf der Erbse - Deine Empfindung wird Dich retten im Dunkel ohne Stab, ohne Leiter, ohne Kerze wird ein Hauch des Falschen Tonnen wiegen auf Deinem Gemüt. Du wirst es spüren, eine feine Empfindung ohne große Erklärung - Schichten von Geschichten ersticken sie nicht - Wenn etwas nicht stimmt, fühlst Du die Störung. Und das Empfundene, ob Gericht oder Gedicht, spürt stets die Worte auf, die dorthin führen. Che Chidi Chukwumerije Im Jahrzehnt der Deutschen Dichtung
ALLES POESIE
Poesie ist Leben. Ist Streben und dabei weben. Ist Geben, alles geben. Und ist Loslassen und vergeben. Poesie ist Lieben. Ist in einander schieben Getrieben Und sich gegenseitig sieben. Poesie ist Leiden. Ist Oberflächlichkeit vermeiden. Schwerter in Scheiden oder Seiden verkleidet sind unruhig in beiden. Poesie ist vieles, alles fast. Alles, was Du einst erlebt hast, verdichtet, in einem Satz erfasst, und es fällt von Dir ab wie eine Last. Che Chidi Chukwumerije Im Jahrzehnt der Deutschen Dichtung
REINKARNATIONSGRUND
Die Anzahl an verschiedenartigen Dingen, die an einem Tag geschehen können; Du kannst den Tag damit verbringen, Dich für ein Hundert Leben zu versöhnen. Denn trotz allem will Gott Dich schonen. Es reimt sich nicht ganz genau, ist aber nah genug, um zu funktionieren; In der Wirkung stimmt es haargenau. Du musst Dich an alles nicht erinnern, Du musst nur richtig reagieren. Che Chidi Chukwumerije Im Jahrzehnt der Deutschen Dichtung
DAS ENDE
Der merkwürdigste, sonderbarste Teil eines Gedichts ist jedes Mal sein Ende. Eine Empfindung, die wie ein leiser Pfeil mich ruhig durchdringt wie jene Abende, an denen sinnend sitzend am Fenster daheim ich dem Schweigen lausche - es spricht Bände und wird meinem Herzen den schönsten Reim. Che Chidi Chukwumerije Im Jahrzehnt der Deutschen Dichtung
UNNÖTIGE BRÜCKEN
Weil jeder Gedanke zurück kehrt, schick nur Deine besten von Dir fort. Weil Dein Wort Dich ehrt oder entehrt, spürst Du in Deiner Empfindung sofort, wenn Du es falsch verwenden hast oder wenn es das Beste in Dir erfasst. Ich sage nichts mehr, was ich nicht unbedingt sagen muss. Wüsste ich dies nur eher, bliebe manch eine Begegnung beim Gruß gefolgt von einem klaren Abschied und, ungestört, meinem inneren Fried. Che Chidi Chukwumerije Im Jahrzehnt der Deutschen Dichtung
DER LANGE WEG VON INNEN NACH AUSSEN
Wenn es Licht unendlich lang braucht, Dich zu erreichen von einem anderen Gestirn, wie lang braucht es, bis eine Empfindung als Gedanken auftaucht in Deinem Gehirn? Und wieviel länger noch, bis Du den feinen Gedanken dann in Worte fassen kannst und der Welt einen Hinweis darüber gibst, was Du tief in Deinem Herzen wortlos planst? Einen Hinweis aber nur, denn wieviel geht verloren auf dem langen Weg aus den tiefen Fernen des Geistes bis zum dichten Nebel des Verstandes, größer als die Distanz im All zwischen den Sternen. Che Chidi Chukwumerije Im Jahrzehnt der Deutschen Dichtung
DAS ÜBERGEORDNETE
Jedes Gedicht fängt mit einem kurzen Bild an, das ich mit dem ersten Ausdruck schnell festhalte. Jedes Gedicht fasst einen tieferen Begriff zusammen, den ich bis zum letzten Ausdruck langsam entfalte. Jeder Tag fängt mit neuer Hoffnung im Herzen an, die mit der Morgendämmerung erwacht und sich regt. Weil ich geboren wurde, trag ich in mir ein hohes Ziel und mein Leben einen Sinn, der mich wechselwirkend trägt: Den Willen Gottes zu finden, zu begreifen, Ihm zu dienen, auch und vor allem in dieser modernen Zeit Ihn zu erfassen; bei all den Herzesthemen, die uns zerreißen, den übergeordneten Gral nie aus dem Blicke zu lassen. Die Morgentauben grüßen euphorisch den neuen Tag - an ihrer Inbrunst tut meine Tatkraft sich durstig laben. Bis der Nachtgeist mich wieder in seine Ruhe hüllt, will ich durch Erleben mehr Klarheit mir gesichert haben. Che Chidi Chukwumerije Im Jahrzehnt der Deutschen Dichtung
