Begegnungen, die kurzen und die vergänglichen, weil intensiv, mutieren zu unendlichen Erinnerungen. Nicht die Länge der Geschichte, sondern die Tiefe der ihr innewohnenden Gedichte, weckt die ewigen Empfindungen. Che Chidi Chukwumerije Im Jahrzehnt der Deutschen Dichtung
des Zwischenmenschlichen
DIE DUMMEN LACHEN
Die Straße spricht jede Sprache Schritte fallen lautlos und stumm Die stummen sind nicht dumm Die Dummen lachen, wenn ich lache verstehen mein Lachen aber nicht Sie sprechen jede Sprache überleben auf der Straße aber nicht Kritisieren alles, was ich mache sehen den Schmerz auf meinem Gesicht und denken, daß ich lache. Che Chidi Chukwumerije Im Jahrzehnt der Deutschen Dichtung
VERSTÄNDNIS
Wir werden uns missverstehen. Das ist unsere Art, uns zu verstehen. Uns ehrlich zu verstehen. Wir werden uns verstehen. Das ist unsere Art, uns zu missverstehen. Unehrlich zu einander zu sein und uns zu missverstehen. Che Chidi Chukwumerije Im Jahrzehnt der Deutschen Dichtung
JEDES MAL
Halte mich so schön wie das erste Mal selbst wenn es das letzte Mal wäre denn irgendwann ist das letzte Mal und jedes Mal könnte wieder das erste Mal sein. Che Chidi Chukwumerije Im Jahrzehnt der Deutschen Dichtung
DEINE BLUMEN
Deine Blumen blühen schon lange und blühen schon lange als Dauergäste im Garten meiner ältesten Empfindung. Ein Baum hat Arme, wir nennen sie Äste und sie tragen viele Umarmungen, wir nennen sie Blumen, und als eine Geste ihrer Reinheit streicheln sie uns äußerlich nur zart, und drücken dabei innerlich feste. So sind Deine Blumen drinnen mein zartes Herz und draußen meine kugelsichere Weste. Che Chidi Chukwumerije Im Jahrzehnt der Deutschen Dichtung
UNSERE GÜTE
Die Güte, die unsichtbar über dem Menschsein schwebt, hoffnungsvoll und verzweifelt, und dann wieder hoffnungsvoll, hörbar auch in Ungesagtem, Unsagbarem, das ständig gesagt wird, wenn Augen und Schicksale zum gemeinsamen Meistern des Lebens und des Liebens im tagtäglichen Wundern sich treffen, diese Güte wie ein Mond schwebt über unseren Herzen, die wie die Gezeiten mit tanzen und mehr wollen. Mehr Menschlichkeit, mehr Freundschaft, mehr Neugier, mehr Güte. Che Chidi Chukwumerije Im Jahrzehnt der Deutschen Dichtung
SELBST TREU
Die Ratte wird eine Ratte sein - ob sie Dir hässlich erscheint oder schön, wird sie weiterhin Ratte sein und die Dinge tun, die Ratten tun. Dir mögen sie ekelhafte Dinge sein - in ihrer Welt sind sie richtig und schön. Meine Aufgabe ist es, Mensch zu sein, ich zu sein und über dem Ganzen zu stehn! Che Chidi Chukwumerije Im Jahrzehnt der Deutschen Dichtung
WELLENRITT
Ich bin in der Welle reite sie heftig Ich bin in der Kiste schüttle sie kräftig Ich bin in der Stimmung gebe mich ihr hin Das ist meine Widmung da ist alles drin. Che Chidi Chukwumerije Im Jahrzehnt der Deutschen Dichtung
SELBSTSCHUTZ
Mir wurde im Laufe des letzten Jahres Unrecht angetan Ich mußte es im Kaufe nehmen, weil ich als Schwarzer Mann ungeschützt bin, denn es bleibt leider wahr: Viele sehen mich noch als die tiefste Gefahr - Unverändert, letztes, dieses und nächstes Jahr. Che Chidi Chukwumerije Im Jahrzehnt der Deutschen Dichtung
GROSS- UND KLEINREIBUNG
Manchmal bin ich groß Und Du machst mich klein Manchmal bin ich klein Und Du machst mich groß. Diese Groß- und Kleinreibung Meiner Sehnsucht und Lust - Wer hätte es gewusst? - Wie Medikamente ohne Verschreibung Fühlen sich irgendwie so an Als wären sie etwas Verbotenes Das bewirkt trotzdem was Gutes Denn ich genese daran. Che Chidi Chukwumerije Im Jahrzehnt der Deutschen Dichtung