WAS ICH AN DIR MAG

Danke, Tag,
Ich mag Deine Art
Wie sie zart mich annahm
Aber zahm warst Du nicht
Wie ein Gedicht vielschichtig
Wer unvorsichtig Dich aufmacht
Spürt die Macht Deiner Willkür
Nur eine Tür - Feinfühligkeit -
Sichert Deine Gefügigkeit. Das
Ist das, was ich an Dir mag.

Che Chidi Chukwumerije
Im Jahrzehnt der Deutschen Dichtung

DER FRÜHLING UND DER SPÄTLING

Der Frühling und der Spätling,
so wird ihnen oft berichtet,
sehen und fühlen sich ähnlich -
einer singt, was der andere dichtet.
Wo unterscheidet sich Gestalt vom Inhalt?
Der eine spiegelt, was der andere malt.
Das Herz bleibt gleich, ob jung oder alt.

Che Chidi Chukwumerije
Im Jahrzehnt der Deutschen Dichtung

DIE MACHT DER WORTE

Unser ganzes Leben ist
ein Versuch, unseren Körper,
diese schwere Fleischlast,
unseren Gedanken und Empfindungen
hinterher zu schmeißen.

Doch alle Flugzeuge der Welt,
alle Autos, alle Züge, Fahrräder
und selbst die flinkesten Beine
schaffen es nicht, Schritt zu halten
mit dem Zug unseres Innenlebens.

Nur diese Dinge - Mund, Zunge
und die Hände - haben die Macht, annähernd
den Gedanken und Empfindungen
zu entsprechen… und zwar dann,
wenn sie Worte formen.

Che Chidi Chukwumerije
Im Jahrzehnt der Deutschen Dichtung

UNSRE KLEINE NACHTMUSIK

Wenn wir wollen,
können wir, sollen
wir stöhnend in Mollen
Liebe machen.

Schlafen und aufwachen
und weitermachen und lachen,
in unsrer Nachtmusik verschollen.

Che Chidi Chukwumerije
Im Jahrzehnt der Deutschen Dichtung

LIEBE IST WIE EIN GEDICHT

Liebe ist wie ein Gedicht
Du kannst sie nicht zwingen
Sie wird Dir gelingen
Wenn sie Dein Herz offen bricht.

Und während Du wartest
Auf das, was Du erwartest,
Vollendet sich Dein Gedicht.

Che Chidi Chukwumerije
Im Jahrzehnt der Deutschen Dichtung

DIE KUNST ZU SCHWEIGEN

Für wen machen wir es?
Für andere oder für uns?
Am Ende weißt Du es:
Du bist allein. Wissen ist Kunst.
Kunst ist Macht.
Unfassbare Macht.

Die Kunst zu schweigen, wenn alle reden
Die Kunst, die richtigen Worte zu finden
Mit denen Du Dein Schweigen verschweigst.
Du Kunst zu reden, wenn alle schweigen.

Che Chidi Chukwumerije
Im Jahrzehnt der Deutschen Dichtung

NEUE BLÄTTER

Schulter an Schulter
stehen die Bäume
während sie ihren Weg gehen
durch die saisonalen Zeiträume

Und alle Menschen
die an ihnen vorbei gehen
Wie schnell hören sie auf,
wir auf, zu bestehen?

Die Gesellschaft wandelt
doch ihre Wurzeln bleiben bestehen
Die Gesellschaft bleibt unverändert
doch neue Blätter kommen und gehen.

Che Chidi Chukwumerije
Im Jahrzehnt der Deutschen Dichtung

SCHWEIGSAMKEIT

Ich sterbe den Tod der Worte
Wenn die Empfindungen eine Tiefe streifen
Jenseits der verbalisierbaren Innenorte.
Nur die Schweigsamen werden mich begreifen.

Che Chidi Chukwumerije
Im Jahrzehnt der Deutschen Dichtung

AUF NIMMER

Auf Wiedersehen
Ist die größte Lüge der Welt
Niemals willst Du wieder sehen
Jemanden, der Dir nicht gefällt.

Che Chidi Chukwumerije
Im Jahrzehnt der Deutschen Dichtung

FLIEGEN ÜBER WOLKEN

Ein Flügelpaar schwingt reglos durch die Luft
Die Ferne ruft und ruft und ruft… und ruft.
Ein’ brennend’ Sehnsucht überbrückt die Kluft
zwischen Vorstellung und Duft

Ein Flugzeug kennt die Einsamkeit nicht -
Ist Reisen ein Drang, eine Freude oder Pflicht?
Von unten sind die Wolken drückend und dicht
Von oben sind sie mir bloß ein Gedicht

Ein Haufen Gedanken, vielförmig, ohne Ziel
in die wie Blitz plötzlich eine Empfindung einfiel
aufwirbelte, neuordnete, verdichtete: Regenspiel.
Wenige Wolken erzeugen in mir Gedanken viel.

Che Chidi Chukwumerije
Im Jahrzehnt der Deutschen Dichtung