DEINE BLUMEN

Deine Blumen blühen schon lange
und blühen schon lange als Dauergäste
im Garten meiner ältesten Empfindung.
Ein Baum hat Arme, wir nennen sie Äste
und sie tragen viele Umarmungen,
wir nennen sie Blumen, und als eine Geste
ihrer Reinheit streicheln sie uns äußerlich
nur zart, und drücken dabei innerlich feste.
So sind Deine Blumen drinnen mein zartes
Herz und draußen meine kugelsichere Weste.

Che Chidi Chukwumerije
Im Jahrzehnt der Deutschen Dichtung

APRILMORGEN

Die Sonne scheint
aber die Luft ist eiskalt.
Der Wolken Teint
hat den azuren Himmel bemalt
mit weiß, grau und dunkelgrau.
In grüner Gestalt
stellt sich der Wald zur Schau,
mit hier und da buntem Blumengehalt.
Nur Tiere fehlen irgendwie.
Eine schlichte Einfalt,
eine zarte strenge Harmonie,
durchdringt der Natur Gewalt.

Che Chidi Chukwumerije
Im Jahrzehnt der Deutschen Dichtung

DIE VERLORENE TIEFE

Wann haben wir uns verloren,
unser Herz, unsere Weichheit,
die Natur, in der wir geboren
wurden, altmodische Weisheit?
Wann sind wir so fortgeschritten
geworden und innerlich zerstritten?

Einfache Lieder befriedigten uns,
ehrliche Worte genügten uns,
im Kern unseres Denkens und Tuns
waren Werte. Sie beschützten uns
lange vor diesem modernen Unding,
das wir ohne sie heute geworden sind.

Wer die Vergangenheit verloren hat,
der kann sie sich nicht mehr vorstellen -
begreift nicht mehr die märchenhafte Tat
ohne ihren Sinn modern zu entstellen.
Es war einmal eine bessere Menschheit,
eine Zukunft vergessen in Vergangenheit.

Che Chidi Chukwumerije
Im Jahrzehnt der Deutschen Dichtung

OSTERGLOCKEN

Osterglocken Ende März;
Geist - Seele - Herz -
Freude blüht aus Schmerz.
Empfindung zieht aufwärts.

Osterglocken bald April;
Schwill an, Herz, schwill
an, leuchtend hell und still.
Was der Schöpfer will.

Der Park kühl und trocken;
Vögel, die laut frohlocken.
Im Herz und im Gras hocken
Neue Träume und Osterglocken.

Che Chidi Chukwumerije
Im Jahrzehnt der Deutschen Dichtung

Park in Vaihingen, bei Stuttgart

TIERE SPRECHEN MIT UNS

Menschen reden mit Worten
und bleiben unverständlich.
Tiere kommunizieren mit Emotionen
unmissverständlich.
Wesenhafte Kreaturen,
lange vor uns hier auf diesem Planeten.
Authentisch, sie überbrücken
uns die Kluft in schönere Ebenen.
Je einsamer Du wirst,
weil keiner mehr Deine Sprache spricht,
desto deutlicher wird Dir bewusst
die Anteilnahme in eines Tieres Gesicht.

Che Chidi Chukwumerije
Im Jahrzehnt der Deutschen Dichtung

AMEISEN

Ameisen.
Irgendwie ein guter Vergleich.
Menschen mit Ameisen.
Herumkrabbler im Erdreich.
Nur scheint bei ihnen
mehr Harmonie zu sein -
bei Ameisen, bei Bienen,
alle Tiere haben das gemein.

Ich glaube nicht, daß wir Tiere sind -
sonst herrschte bei uns mehr Harmonie.
Aber sind wir Menschen? … Ich find
wenig Menschliches in unsrer Disharmonie.

Che Chidi Chukwumerije
Im Jahrzehnt der Deutschen Dichtung

PERSÖNLICHKEITSWANDEL

Ist es auch Dir aufgefallen,
daß er ein anderer Mensch geworden ist?
Und sie auch? Ganz egal wer. Bei uns allen
hat jede Persönlichkeitsphase ihre Frist.

Ich hatte in der Zwischenzeit vergessen,
wie das aussieht, weiße Blüten
im kahlen braunen Wald. Unterdessen
schreitet die Natur voran, bereit zum Brüten:

Ein Schopf weißer Haare hier und da
wächst urplötzlich aus kargen Winterästen -
Der Wald fragt den Frühling Bist Du nah?
Ich erkenne Dich nicht mehr im Entferntesten.

Che Chidi Chukwumerije
Im Jahrzehnt der Deutschen Dichtung

GESPÜR FÜR WINTER

Manchmal kann ich meine Stimme nicht finden,
Sie versteckt sich irgendwo in mir.
Wer mich empfangen will, muß mich empfinden -
Deshalb hat jeder Mensch ein Gespür.

Das sind die Worte, die still der Winter flüstert,
Ich höre sie im Februarwald,
Im liegenden Zweig, der knurrt und knistert,
Im lauen Wind, der schallt und nachhallt.

Che Chidi Chukwumerije
Im Jahrzehnt der Deutschen Dichtung