SCHICKSALSZÜGE

Zwei Züge stehen neben einander
auf unterschiedlichen Gleisen
Unterhalten sich eng miteinander
bis sie in getrennte Richtungen abreisen.

Che Chidi Chukwumerije
Im Jahrzehnt der deutschen Dichtung

NICHT DAS ERSTE MAL

Die Welt wurde so schnell anders
Wir sind alle noch verwirrt -
Und dennoch. Es ist nichts besonderes.
Die Welt hat sich früher schonmal verirrt…

Und nachdem wir den Schock überstanden
hatten, haben wir uns als Menschen neu erfunden,
und retteten tapfer der Menschheit Schicksal.

Bullys glauben immer an die Macht ihrer Waffen
und unterschätzen den Menschengeist jedes Mal.
Aber auch dieses Mal werden wir es wieder schaffen!

Che Chidi Chukwumerije
Im Jahrzehnt der deutschen Dichtung

ABRUTSCHEN

Hatte jeder obdachlose Mensch
früher mal ein Dach über dem Kopf?
Ging in den Kindergarten, zur Schule,
kannte Familie, Wärme, Mamas Topf?
Spielte mit anderen Kindern sorgenfrei,
träumte vom tollen Erwachsenenleben?
Stellte sich dann stolz und zuversichtlich
deren Herausforderungen und Streben?

Was, wann, wo, warum lief es schief?
Mein bester Freund, Deine Schwester gar.
Ein Vater, Nachbarn, die alte Klassenlehrerin.
Eine tiefe Bindung macht aus uns allen eine Schar.
Dieses Verbindende ist unsere Vulnerabilität -
Sie verpflichtet uns zur wachen Mitmenschlichkeit,
Denn keiner ist ganz sicher vor dem Abrutschen
über den Rand und in die Obdachlosigkeit.

Che Chidi Chukwumerije
Im Jahrzehnt der deutschen Dichtung

GROSSER GEIST

Es war mal ein Geist
So groß wie ein Berg
Er bewohnte einen Körper
So klein wie ein Zwerg

Er hatte Gedanken
So hoch wie ein Baum
Aber seine Stimme
Füllte kaum einen Raum

Er half vielen Menschen
Aber sie wussten es nicht
Denn er machte es heimlich
Zeigte nie sein Gesicht

Er möchte nicht, daß Du
Entdeckest, wer er ist…
Er will nur, daß auch Du
Ein bescheidner Diener bist.

Che Chidi Chukwumerije
Im Jahrzehnt der deutschen Dichtung

MIT DER ZEIT

Du trägst eine Nation in Dir
Aber trägt Dich die Nation in sich?
Du trägst eine Art in Dir drinnen
Aber spiegelt nach Außen diese Art Dich?
Nur die Zeit ist Deine wahre Freundin -
Sie wird Dich noch sichtbar machen,
Lange nach dem alles was Dich nicht sieht
Verschwunden und unsichtbar geworden ist.
Sie wird Dich weiter leben lassen,
Nach dem Du längst weg zu sein scheinst.
Jeder, der mit dem Herzen lebt
Und mit ganzem Herzen strebt,
Der webt mit den Fäden der Zeit,
Der Klebt sich fest an die Ewigkeit,
Nicht umsonst ist sein Leid.

Che Chidi Chukwumerije
Im Jahrzehnt der deutschen Dichtung

VON HEIMAT ZU HEIMAT

Wie viele Gedanken fallen
dem Regentropfen ein
während er langsam fällt
von Wolke zum Stein?

Denkt er an seine Heimat
die er für immer verlässt?
Denkt er an seine Heimat,
der er nähert und bald nässt?

Du verlässt Deine Heimat
und kommt wo anders an;
Und siehe: Du bist Zuhause
in einem neuen Land.

Che Chidi Chukwumerije
Im Jahrzehnt der deutschen Dichtung

AUF IMMERWIEDERSEHEN

Auf immer wieder sehen
Sonne und Morgendämmerung
kommen und gehen -
Dies ist ihre Begrüßung

Ich weiß nicht, wo Du bist,
wenn Du weg bist
Du weißt nicht, wo ich bin,
wenn ich weg bin

Nur eines wissen wir
jedes Mal, wenn wir gehen…
wir werden uns wieder
immer wieder immer wiedersehen.

Che Chidi Chukwumerije
Im Jahrzehnt der deutschen Dichtung

NUR EINMAL

Die Gedanken, die mir nur einmal einfallen
und danach nie wieder…
Die frohen Stimmen, die nur einmal schallen
und danach nie wieder..
Die Schmerzen, die uns nur einmal segnen
und danach nie wieder…
Die Menschen, die uns nur einmal begegnen
und danach nie wieder.

Che Chidi Chukwumerije
Im Jahrzehnt der deutschen Dichtung

WEITER REISEN

Wofür war die ganze Zeit?
Umsonst?
Ich gab Euch meine ganze Zeit
Meine beste Zeit
Umsonst.

Wieviel Zeit habe ich noch übrig?
Die Haare werden silbrig
Die Stimme einsilbig

Da! Dort! In der Ferne!
Meine Träume! Meine Sterne!
Euch erreiche ich immer noch gerne.

Che Chidi Chukwumerije
Im Jahrzehnt der deutschen Dichtung

ZUM GLÜCKE

Langsam geht das Alte zur Neige.
Was wird das Neue bringen?
Findest Du nie heraus, bist Du feige.
Das Leben will Dich zum Glücke zwingen,
Dein Glück musst Du selbst erringen.

Che Chidi Chukwumerije
Im Jahrzehnt der deutschen Dichtung