WIR SIND NICHT ALLEIN

Ein Geist geht
Ein Geist kommt
Ich spüre es mit der Empfindung

Ich kann es Dir nicht erklären
Du kannst es mir nicht erklären
Ich spüre es nur mit der Empfindung
und Du auch, kostet‘s auch Überwindung,
spürst es fein

Wir sind nicht allein.

Che Chidi Chukwumerije
Im Jahrzehnt der deutschen Dichtung

DER MITMENSCHEN SINFONIEN

Wenn ein Saxofon schweigt
dann ist es egal wie viele Melodien
in der Luft warten. Das Herz neigt
umsonst der Mitmenschen Sinfonien
wenn alle sich zumachen
anstatt zu verbinden in Seelenharmonien
und aus von Herzen zusammen zu lachen.

Che Chidi Chukwumerije
Im Jahrzehnt der deutschen Dichtung

SPÄTLING DER VERINNERLICHUNG

Von manchen Reisen kehrt man nie zurück.
Es kommt jemand zurück, doch nicht der, der ging.
In Deinen Augen Trauer, Wunder oder Glück,
denn die Blätter sind gefallen. Es ist der Spätling.
Er ist herb, herber, Herbst.
Er entblößt, er macht kalt, er schmerzt.
Er befreit vom Gewicht der Masken und Erinnerung -
Tiefer als Erinnerung ist die Verinnerlichung.

Che Chidi Chukwumerije
Im Jahrzehnt der deutschen Dichtung

KRÄHE

Mitten im Stimmendschungel der Stadt
kräht eine Krähe im Vorbeifliegen -
Habe nur ich sie gehört? Anstatt
aufzuhorchen, redeten sie weiter. Glatt.
Ein Teil von mir ist auch im Lärm geblieben
Aber ein Teil von mir ist leise ausgestiegen.

Che Chidi Chukwumerije
Im Jahrzehnt der deutschen Dichtung

DER NEBEL UND DER FLUSS

Es gibt keinen Unterschied zwischen
dem Nebel und dem Fluss
Der Main fühlt sich heute ein bißchen
so an wie ein Gefühlserguss
lässt sich nicht trennen von unserm Sinnen
Der Fluss ist da draußen, der Fluss ist hier drinnen
Der Herbst ist ein Genuss.

Che Chidi Chukwumerije
Im Jahrzehnt der deutschen Dichtung

HERBSTNARBEN

Wenn der Herbst kommt
komme ich an
Werden die Blätter bunt
zeige ich meine wahren Farben
Werden die Bäume nackt
seht Ihr meine schönen Narben
Vertrauen habe ich verlernt
In Deutschland irgendwann.

Che Chidi Chukwumerije
Im Jahrzehnt der deutschen Dichtung

ERDDORF

Die Welt ist zu einem Dorf echt geworden -
Wir erleben uns alle gegenseitig in Echtzeit.
Sympathien und Ressentiments, einst verborgen,
merken, wie nah sie sich sind. Sie waren nie so weit.

Che Chidi Chukwumerije
Im Jahrzehnt der deutschen Dichtung

WELTORANGE

Die Welt fühlt sich klein an
eine Orange, die wir schälen
und essen und schmeißen die Kerne weg
und vergessen prompt die Milliarden Seelen
die aus dem Boden unserer falschen Taten
wieder Form nehmen um uns zu quälen.
Wir sehen nur die Orange und nicht
den Lebensbaum von dem wir sie stehlen.

Che Chidi Chukwumerije
Im Jahrzehnt der deutschen Dichtung

GIESSET DIE BLUMEN

Alle diese Gedanken,
die wir denken, in die Welt setzen,
was geschieht mit ihnen?
Die die ätzen, vernichten, verletzen.

Wir kommen und gehen
aber unsere Gedanken bleiben
wie unsichtbare Wolken
die verdichtend nicht weiter treiben.

Gedanken der Habsucht,
der Ichsucht und der Selbstsucht,
Gedanken der Eigensucht
und weniger der Lichtsehnsucht.

Ab und zu in der Wüste
hier und da ersprießt unerklärlich
eine einsame tapfere Blume.
Halte durch, Du bist unentbehrlich.

Che Chidi Chukwumerije
Im Jahrzehnt der deutschen Dichtung

PARADIESISCH

Obwohl die Vögel laut sangen, hörte
der Wanderer lange nur Stille. Nichts störte.
Willkommen in der Natur, dort wo
der Mensch Zuhause ist und seelenfroh.

Che Chidi Chukwumerije
Im Jahrzehnt der deutschen Dichtung