WESENTLICH MÖGLICH

Mach einmal täglich das Unmögliche möglich;
Der Tag nimmt es mit und kehrt nie wieder zurück.
Mach kleine Dinge groß und große Dinge klein,
Finde in Deinem täglichen Kampf Dein Glück;
Löse Deines Geistes Rätsel, Stück für Stück.

Nimm Deinen Platz in der Mitte ein,
Nicht an der Oberfläche, nicht am Rand -
In der Mitte des Wesentlichen, meine ich.
Das Wesentliche sei innerlich Dein Land,
Tiefer als Gesellschaft, Genen und Sand.

Che Chidi Chukwumerije
Im Jahrzehnt der Deutschen Dichtung

DIE GESCHICHTE DES RIESELNDEN BACHS

Die Nacht erzählt mir eine Geschichte
die ich nicht verstehe
dennoch höre ich gebannt verträumt zu
es ist eine gute Nachtgeschichte
über einen rieselnden Bach
der lief und lief und murmelte und gurgelte
und beim Zuhören fließe ich mit
und schlafe langsam ein.

Che Chidi Chukwumerije
Im Jahrzehnt der Deutschen Dichtung

GRENZÜBERFAHRT

Sie führte Selbstgespräche
in der Sbahn, dachte ich mir zuerst
Merkte dann, nein, sie redet
mit der Sbahn selbst und meint es ernst
Mit den Fenstern, mit dem Sitzpolster,
mit unsichtbaren Gästen die im Gang stehen
Dann spürte sie meine Augen, wurde still
und schaute weg beim Vorbeigehen.

Ich wollte mich nicht umdrehen
falls sie sich umdreht, um sie nicht zu kränken
Aber ich schaffte es nicht mehr,
mein Sinnen auf andere Gedanken zu lenken.
Wann verschiebt, wo befindet, sich
die Grenze einer Realität?
Ist es Schmerz, Erinnerung oder Veranlagung
Neugier, Trauma oder Genialität?

Che Chidi Chukwumerije
Im Jahrzehnt der Deutschen Dichtung

WERDERAUM

Ich grabe
Da wo ich habe
Und finde nichts

Und da wo ich nichts bin
Da wo ich nichts habe
Da fand ich den Sinn
Meines Lebensgedichts

Ein Suchender sucht sich selbst
Ich brauche keinen vollen Raum
Mit allen möglichen Antworten
Ich will einen leeren Raum
In dem ich wachsen kann als ich selbst.

Che Chidi Chukwumerije
Im Jahrzehnt der Deutschen Dichtung

MEIN SCHWEIGEN

Mein Schweigen
Ist ein Loch, in das
Deine Worte verschwinden

Ist weiche Erde
In die sie wie Saatgut eindringen
Meine Seele schwängern
Meine Blumen blühen lautlos
Hell wie Glocken

Mein Schweigen ist eine Leere
In die Deine Angriffe sich verlieren
Und Du wartest und wartest und wartest
Vergebens auf meine Wut.

Che Chidi Chukwumerije
Im Jahrzehnt der Deutschen Dichtung