Ich sah leere Büroräume zum Vermieten freigegeben. Ich fragte mich, welche Träume dorthin einzuziehen streben. Wird die Wirtschaft mitspielen? Droht Rezession? Inflation? Wird der Markt ihren Zielen eine Chance geben zur Realisation? Jahre der Schule und Ausbildung liegen hinter den einen. Hinter andren Jahre der Hoffnung, Arbeitslosigkeit, Weinen. Ich sah leere Büroräume und hörte mein Herz ein Gebet aufbringen für die guten dorthin bald einziehenden Träume: Gutes Gelingen! Che Chidi Chukwumerije Im Jahrzehnt der Deutschen Dichtung
arbeit
KLEINE TRENNUNGEN
„Vater, Du brauchst zu lang - Kann ich wieder alleine hin?“ Ich spüre seinen Freiheitsdrang. Er muss zum Hort Ich zur S-Bahn und zur Arbeit Für jeden Menschen ein anderer Ort „Wir müssen in die selbe Richtung. Lasst uns doch zusammen bis zur zweiten Kreuzung.“ Wir laufen los Er marschiert zielstrebig nach vorne, beachtet mich nicht groß. Für diese Strecke auf jeden Fall braucht er mich nicht mehr, auf einmal. So reisen wir ein Stück miteinander, Vater und Sohn, dann gehen unsere Wege auseinander. Ich bleibe stehen, sehe ihn selbstbewusst weiter laufen und dann um die Ecke gehen. Kleine Wendungen können genau so tief bewegen wie große Trennungen. - Che Chidi Chukwumerije Im Jahrzehnt der Deutschen Dichtung
LEBEN OHNE LEBEN
Steige in mich ein
oh Leben, denn
der Tod hat mich allein
gelassen.
Wie soll ich die Jahre
der Leere füllen
bis ich endlich hinüberfahre
ins Jenseits des Todes?
Tausendjahrelange Tage
sind ohne tausend Empfindungen
pro Sekunde nicht in der Lage
erfüllt zu werden.
Drum. Steige in mich ein
oh Leben, denn
der Tod hat mich allein
und arbeitslos gelassen.
– Che Chidi Chukwumerije
Im Jahrzehnt der deutschen Dichtung
ARBEITSSUCHE
Ein Fuß nach dem anderen
Verschwindet Richtung Arbeitsamt
Mit Hoffnung entflammt
Ein Herz nach dem anderen
Sehnt sich nach Beschäftigung
Befestigung und Bestätigung:
Auch. Ich. Bin. Jemand.
Was bleibt dem Menschen noch übrig
In einer post-menschlichen Welt
Ohne Geld als Arbeitsfeld?
Ohne Genehmigung ist gesetzwidrig
Neues, ob Jugend, Vorstoß oder Tugend
Es bleibt nur Altes, ungenügend
Verteilt. Aus. Land. In. Land.
– Che Chidi Chukwumerije
2019: Das Jahr der deutschen Dichtung
STREBEN
Bedürfnis:
Ordnung
Erfordernis:
Unordnung
Bestrebung:
Beförderung
Hilfestellung:
Herausforderung
Leicht erschwert
Schwer erleichtert
Wer sich darüber beschwert
Der ist längst gescheitert.
– Che Chidi Chukwumerije
2019: Jahr der deutschen Dichtung
HANDARBEIT
Tasten
Greifen
Halten
Falten
Entfalten…
Halten
Greifen
Tasten
Reifen
Entlasten…
Mit den Fingern sehen
Hören, schmecken, riechen, die Wege gehen
Suchen und finden
Sich an das Licht halten
Das Licht anschalten
Mit den Fingern, Seele, auch, empfinden.
– Che Chidi Chukwumerije.
JETZT
Lebe die Gegenwart für sich
Gib nicht die Mühe, sondern gib Dich
Schaffe nicht, um später zu genießen
Er sucht nicht die See, der Fluß, er liebt das Fließen
Der Weg ist nicht das Ziel
Denn es gibt weder Weg noch Ziel
Es gibt nur das Leben und den Augenblick
Dein Leben in diesem Augenblick ist Dein Geschick
Jeden Tag über der Arbeit gebückt
Holt man nicht in der Rente zurück
Drum aus dem täglichen Leben
Alles nehmen, ihm alles geben
Die Realität ist die Gegenwart
Und das Tor in den ewigen Innengart
Das Paradies ist kein fernes Land
Das Paradies ist ein Zustand.
– CHE CHIDI CHUKWUMERIJE.
aus meinem Gedichtband “Innengart“.