Wie schnell Ihr wachst Eure Augen sprechen Volumen Eure Worte navigieren kluge Gedanken Auf den Weg zu mir Ich sehe es in Euren denkenden Augen - Wie lange noch, bis ich Euch nicht mehr Meine Kinder nenne Sondern meine Erwachsenen? Che Chidi Chukwumerije Im Jahrzehnt der Deutschen Dichtung
Aufwachsen
KLEINE TRENNUNGEN
„Vater, Du brauchst zu lang - Kann ich wieder alleine hin?“ Ich spüre seinen Freiheitsdrang. Er muss zum Hort Ich zur S-Bahn und zur Arbeit Für jeden Menschen ein anderer Ort „Wir müssen in die selbe Richtung. Lasst uns doch zusammen bis zur zweiten Kreuzung.“ Wir laufen los Er marschiert zielstrebig nach vorne, beachtet mich nicht groß. Für diese Strecke auf jeden Fall braucht er mich nicht mehr, auf einmal. So reisen wir ein Stück miteinander, Vater und Sohn, dann gehen unsere Wege auseinander. Ich bleibe stehen, sehe ihn selbstbewusst weiter laufen und dann um die Ecke gehen. Kleine Wendungen können genau so tief bewegen wie große Trennungen. - Che Chidi Chukwumerije Im Jahrzehnt der Deutschen Dichtung
ES WAR EINMAL EIN KIND
Ich war das Kind, das starb
Weil ein Erwachsener Klugheit erwarb
Die seiner Reinheit Sinn verdarb…
Ich war das Kind, das ertrank
Im Erwachsenen Durst langsam versank
Still liegend unten im Tank
Ich bin die Erinnerung eines Kindes
Ahne ich, doch ich find es
Nirgendwo mehr in mir und indes
Sind mir die Jahre vorbeigeflogen
Der Bogen war grad, der Pfeil ist verbogen
Suchend das tote Kind einst betrogen.
– Che Chidi Chukwumerije
2019: Das Jahr der deutschen Dichtung
