Der Baum stand da Als wäre er nicht da Und war für alle da Der Mensch stand da Als wäre er wirklich da Und war für niemand da Nur für sich selbst. Che Chidi Chukwumerije Im Jahrzehnt der Deutschen Dichtung
baum
GROSSE BÄUME
Kleine Tiere pinkeln an große Bäume Aber große Bäume pinkeln nicht zurück. Sie bleiben groß und stark, anderen Reisenden Geschenke anbietend, flüsternd: Pflück, pflück… Große Bäume machen sich nicht klein Sie wachsen täglich ein Stück - Keiner kann mir wegnehmen mein Glück. Che Chidi Chukwumerije Im Jahrzehnt der Deutschen Dichtung
AUCH DU BIST EIN BAUM
Der Baum stand da
im Regen und in der Sonne
und sagte zu mir
Ich biete Schutz und Schatten an
Ich bitte und bettle selbst nicht
um Schutz und Schatten –
So viel Stolz habe ich.
Und ich antwortete
Aber Du brauchst auch Schutz –
Und der Baum sagte zu mir
Das ist Deine Sorge
Mich interessiert das nicht
Denn auch Du Mensch bist ein Baum
So viel Stolz musst Du haben.
– Che Chidi Chukwumerije
Im Jahrzehnt der Deutschen Dichtung
EINE ERDE ZUM TEILEN
Ich frage mich wie die Bäume heißen,
die lange vor uns
und immer noch unter uns
schweigend lebten,
bis sie in dieser Oktobersaison gefallen werden
schnell und trocken
um Platz zu machen für unseren Wünsche.
Ich frage mich, ob sie Namen hatten –
nicht Artennamen –
sondern ihre eigenen persönlichen Namen,
jahre-, jahrzehnte-, jahrhundertelang,
nur den unsichtbaren Wesenhaften bekannt,
die sie liebten und bewohnten,
und einem kindlichen Menschenherz irgendwo.
– Che Chidi Chukwumerije
Im Jahrzehnt der Deutschen Dichtung
VERÄNDERUNGEN
Heute schaute ich zurück
Wie ein Baum auf einem Hügel
Hinter mir waren mehrere Gipfel
Auf jedem Stand ein Baum
Schwer fiel es mir, zu begreifen,
daß ich mal alle diese Bäume war
Schwer fiel es mir zu begreifen,
wie Menschen sich so völlig ändern
Und dennoch kam in jedem Augenblick
Mein ehrlich wahres Selbst zum Ausdruck.
– Che Chidi Chukwumerije</em>
Im Jahrzehnt der Deutschen Dichtung
DER NACHTMUND
Lärm.
Der Baum hört seine Gedanken, seine Blätter, nicht mehr.
Lärm.
Das Herz hört das Rauschen seines Botschafters, seines Blutes,
nicht mehr.
Denn die Nacht ist angebrochen.
Mit ihren Millionen Stimmen der Dunkelheit.
Der Mund ist aufgegangen –
Im Märchenwald hört man‘s klarer.
Augen zu. Gute Nacht.
Und morgen alles wieder vergessen.
– Che Chidi Chukwumerije
Im Jahrzehnt der Deutschen Dichtung
SICH DAZU GEHÖREN
Wem fühlt sich
Die Frucht
Zugehörig?
Dem Baum
Oder
Dem Boden?
Als die Frucht
Trotziges Kind
Den Baum verließ
Dem rufenden
Boden
In den Schoß sprang
Lachte der Baum
Dankend
Zum Boden und
Sagte:
Du sicherst mir
Nur meins.
– Che Chidi Chukwumerije
2019: Das Jahr der deutschen Dichtung
WENN MITTEN AUF EINEM WEITEN FELD
Wenn mitten auf einem weiten Feld
Einsam ein Baum steht
Bleibt der Blick einen Augenblick lang
Auf ihn hängen in Ruhe
Denn kurz gleicht er unserer Seele
Darin verloren der Geist während
Im Kopfkino auf der Autobahn unbeherrschte Gedanken
Vorbei rasen – Aber bald verschwindet
Die Lichtung samt Feld und Baum
Schnell vergessen im Rückspiegel, das nächste Lied
Ertönt aus der CD; Bild folgt auf Bild;
Der Navi steuert dem ihm vorgegebenen Ziele stur zu.
– che chidi chukwumerije.
EINFACHHEIT
Der selbe Baum
– In jeder
Jahreszeit
Schön und schöner.
Das selbe Wort
Enthüllt
Jedes Mal
Ein neues Bild.
Macht die Einfachheit
Kraft der Einfachheit.
– Che Chidi Chukwumerije.
