HÄNDE

Händeringend
Händesingend
Mit unseren Händen reden wir
Mehr als mit jedem anderen Spiegel

Selbstgespräche
Wenn ich runter schaue
Was ich immer sehe: Meine Hände
Meine treuesten Gesprächspartner

Unsere Hände sind unsere Selbstbilder
Sie sind die Teile von uns, die Schilder
Die wir meistens zu Gesicht bekommen

Möchte das Leben uns was aushändigen, sagen
Über uns, dann hat es nur unsere Hände
Als Botschafter. Hand als Leinwand.

Empfindung begreifen wir nicht mehr
Doch unsere Hände greifen danach

Händeringend, händedringend, ohne Weissager
Oder Palmleser. Hände als Bezeichnungspartner

In tausend Selbstgesprächen –

Auf zwei Projektionsflächen.

– Che Chidi Chukwumerije
2019: Das Jahr der deutschen Dichtung

HANDARBEIT

Tasten
Greifen
Halten
Falten
Entfalten…

Halten
Greifen
Tasten
Reifen
Entlasten…

Mit den Fingern sehen
Hören, schmecken, riechen, die Wege gehen
Suchen und finden
Sich an das Licht halten
Das Licht anschalten
Mit den Fingern, Seele, auch, empfinden.

– Che Chidi Chukwumerije.

INHALTS REICH

Ein Begriff ist eine Form –
Wenn man so denkt
Bekommt man die übergeordnete Norm
Vereinfacht und geschenkt

Sind deine Gedanken Fäden?
Sind deine Gefühle Wolken?
Treffen Worte bei Fehden
Härter wie Stein, Stahl oder Balken?

Haben Engel Schwingen
Weil sie im Gotteswillen schwingen?
Hat der Mensch keine
Weil Eigenwollen verhindert seine?

Dir ins Auge sehen heißt
In Igbo Sprache ich liebe dich
In deutscher Sicht ich achte dich
In anderer Sitte ich beanspruche Rechte über dich

Denn das Auge ist wohl allen
Das Tor ins innere Reich
Die Verbindung zum Fundamentalen –
Hier wird alles wieder gleich.

– CHE CHIDI CHUKWUMERIJE.

DICHTERNEBEL

Ich bin nur ein Dichter
Meine Worte gehen auf Reise
Ziehen sich aus
Wie ausziehbare Fernrohre
Ziehen sich in die Länge
Lassen auf Ferne zurück blicken
Alles wirkt nah, greifbar
Doch streckst Du die Hände danach aus
Begreifst Du
Daß das die Art der Dichtung ist
Dinge nah zu bringen und dennoch
Fern zu halten.

Mehr als ich Prosa lese und liebe
Verschlinge ich unersättlich Gedichte
Gnadenlos wie Messer
Stechen sie tief ein
Scheu wie Rehe
Lassen sie sich nicht
Fassen.

– Che Chidi Chukwumerije.