Wir sind Geist Wir gehen immer weiter Wir schütteln Altes ab Wir gehen immer weiter Ob jung oder ergreist Egal, wir gehen weiter Ob vor oder nach dem Grab Einfach weiter, ständig weiter! Che Chidi Chukwumerije Im Jahrzehnt der deutschen Dichtung
Bewegung
VOLLE TAGE
Du musst deine Tage füllen
mit tausend Erfüllungen,
denn Menschengeist, Du
findest nur dann Ruh,
wenn Du in Bewegung bleibst,
stets empfindest und treibst,
erfüllend ein endliches Erdenleben
mit endlosem geistigen Streben.
Che Chidi Chukwumerije
Im Jahrzehnt der deutschen Dichtung
ZUM GLÜCKE
Langsam geht das Alte zur Neige. Was wird das Neue bringen? Findest Du nie heraus, bist Du feige. Das Leben will Dich zum Glücke zwingen, Dein Glück musst Du selbst erringen. Che Chidi Chukwumerije Im Jahrzehnt der deutschen Dichtung
DIE SACHE SELBST
Ein Haus stand neben einem Fluss Doch es ist der Fluss, der heute noch steht Und das Haus, das weggeflossen ist. Der Reisende ist immer an seinem Ziel. Der sein Ziel erreicht hat Spürt irgendwann wieder die Sehnsucht Nach einer höheren Form der Vollkommenheit. Die Formen ändern die Gestalt ihrer Erscheinung Die Sache selbst bleibt, was sie ist. Che Chidi Chukwumerije Im Jahrzehnt der Deutschen Dichtung
AM FALSCHEN ORT ZU SEIN
Der Abend wieder Ich mache erneut Pause Und lege mich nieder Wo immer ich Zuhause Heute gefunden habe In meiner Lebensreise Erst war ich ein Knabe Unterwegs zum Greise Jeden Tag ein bisschen Weiter gekommen Jeden Tag einen andern Umweg genommen. Am falschen Ort zu sein Ist nicht falsch zu sein Wenn er, und er allein, Korrigiert Dein Bewusstsein. Che Chidi Chukwumerije Im Jahrzehnt der Deutschen Dichtung
RUHE IM TUN
Nichtstun kann man nicht tun. In Frieden kann man nicht ruhen. Ruhen Deine Füße in Deinen Schuhen, ruft die Unruhe: Beweg Dich nun! Che Chidi Chukwumerije Im Jahrzehnt der Deutschen Dichtung
DRAUSSEN
Lohnt es sich? Der Gang nach Außen. Der Ausflug ins Fremde. Die Trennung von Zuhause. Auf Deiner Haut fremde Hände. Aufleben oder Pause? Anfang oder Ende? Drinnen findest Du draußen, während ich mich von mir entfremde. Hoffentlich lohnt es sich. Che Chidi Chukwumerije Im Jahrzehnt der Deutschen Dichtung
BEWEGLICHE STILLE
When ich Dich berühre, sonderbar, berührt es mich. Doch warum, wenn ich mich finden will, verlasse ich jedes Mal Dich? Stopp! Komm nicht näher! Du darfst mir nicht folgen in die Klamm, verstehe mich richtig Ich gehe, weil ich komme, immer wieder - Halte Dich nur klamm. Sei mein Ende Meine Wege sind viele und unergründlich Lass mich ruhig gehen Alles hat ein Ende, warte dort auf mich denn am Ende gibt es nur Dich. Che Chidi Chukwumerije Im Jahrzehnt der Deutschen Dichtung
CARPE DIEM
Meine Tage sind wie Stufen
einer Treppe, nur weiß ich nicht,
wo sie mich hinführen. Kein Ende in Sicht,
ist alles, was sie pausenlos rufen.
Noch ein Tag neigt sich seinem Ende
Das Verschwindende war mal das Kommende
– des Lebens schnell verfallende Pfänder.
– Che Chidi Chukwumerije
Im Jahrzehnt der Deutschen Dichtung
DIE SAAT IST AUFGEGANGEN
Die Saat ist aufgegangen
Der Haß ist aufgestanden
Das Licht ist ausgegangen
Die eingehämmerten Zerrbilder
Generationenlang verdrehte Schilder
Ihre Augen werden täglich wilder
Es war eine Lüge die ganze Zeit
Sie wussten ganz genau die ganze Zeit
Von den Taten ihrer Eltern Eltern Bescheid
Sie wollen sie in heutiger Zeit wiederholen
Sie lassen freudig die Lachmasken fallen
Wagen sich endlich raus mit den Krallen
Man schämt sich für sie
Denn selbst schämen sie nie
Was noch beschämender ist – und wie.
Wie überbrücke ich gezwungene Ferne?
Wie tue ich herzlich, was ich tue gerne?
Laterne, Laterne, Sonne, Mond & Sterne.
– Che Chidi Chukwumerije
2019: Das Jahr der deutschen Dichtung
