Blume ist Mensch, wenn Mensch wachsen will, gewässert von Empfindungsströmen tief, innig und still - Vogel ist Mensch, wenn Mensch fliegen will auf Flügeln guter Gedanken, ob laut oder subtil - Freude ist Mensch, wenn Mensch Freude teilen will als selbstlosen Lebenstrunk, als Nahrung und als Ventil. Che Chidi Chukwumerije Im Jahrzehnt der deutschen Dichtung
Blume
GIESSET DIE BLUMEN
Alle diese Gedanken, die wir denken, in die Welt setzen, was geschieht mit ihnen? Die die ätzen, vernichten, verletzen. Wir kommen und gehen aber unsere Gedanken bleiben wie unsichtbare Wolken die verdichtend nicht weiter treiben. Gedanken der Habsucht, der Ichsucht und der Selbstsucht, Gedanken der Eigensucht und weniger der Lichtsehnsucht. Ab und zu in der Wüste hier und da ersprießt unerklärlich eine einsame tapfere Blume. Halte durch, Du bist unentbehrlich. Che Chidi Chukwumerije Im Jahrzehnt der deutschen Dichtung
ANREGUNG
Wenn kurz der Regen ist
durstet in Dir die Blume
nach der äußeren Blume
denn die äußere Blume
ist der inneren Regen
Dann starrst Du aus dem Fenster
auf Deinen Garten und ahnst nicht,
wie hinter einem unsichtbaren Fenster
ein Fremder steht und schaut
auf den Garten Deiner Seele
Menschenblume,
nicht den Regen brauchst Du
sondern eine geistige Anregung
zum Wachsen, zum Aufblühen –
doch wahr nimmst Du sie nicht.
– Che Chidi Chukwumerije
Im Jahrzehnt der deutschen Dichtung
AN DIE LILIE
Der Blume
Ureigentum
Ist die Reinheit
Als Heiligtum
Der Lilie
Unnahbar
Unantastbar
Unfassbar
Die Einfachheit ist ihr Schlüssel
Somit bleibt sie uns verschlossen
Wie die geheimnisvolle Gral-Schüssel
Rein und unerschlossen.
– Che Chidi Chukwumerije
2019: Das Jahr der deutschen Dichtung
EIN LÄCHELN HAT MICH GERETTET
Ich weiß nicht, wie es anfing
Denn der Anfang, wie immer, entging
Der Beobachtung meines grübelnden Verstandes
Volksmündlich als schlechte Laune gekannt
Fachchinesisch Depression genannt
Alles Uninteressantes
Was ist das? Eine Blume?
Was ist das? Ich will keine Sonne
Ich bin stark genug ohne
Trotzig, stutzig, muffig wie ein Kind
Seele in ihrer Nacht tief und blind
Eingebettet, angekettet
Und dann traf mich Dein Lächeln warm
Guten Morgen, Mensch, nimm meinen Arm
Ich habe Dich gerettet
Ich bin ein Lächeln, und Blume
Ich bin ein Lächeln, und Sonne
Ich bin ein Lächeln, zweifelsohne.
– Che Chidi Chukwumerije
2019: Das Jahr der deutschen Dichtung
DAS NÄCHSTE OPFER
Das Herz ist Natur
Immer am Sterben und immer am Sich-Entfalten
Ist eine Blume
Immer am Sich-Umblättern
Ist ein Universum
Immer am Explodieren und am Abkühlen
Ist eine Schlange
Immer am Winden
Am Häuten
Am Lauern
Voller tödlichem Gift und heilender Kraft
Und immer bereit, das nächste Opfer hungrig zu verschlucken.
– Che Chidi Chukwumerije.
FEST ABER ZART
Zart geht das
Bezwingen kann man es nicht
Empfangen nur
Kann man ein Gedicht
Das war zu hart
Denke daran, das ist eine Blume
Fest aber zart
Werbe Dich um die Blume
Und wenn ich scheide
Bleibe ich
Und wenn ich bleibe
Scheide ich
Aber nie aber nie leide ich
Scheide oder bleibe ich
So geht das
Bestimmen kann man es nicht
Empfinden nur
Kann man ein Gedicht.
– che chidi chukwumerije.
