FERN UND NAH

Die Welt ändert sich schneller
als unsere Clichés hinterher laufen können -
Brülle sie so laut wie Du magst
sie zerflattern wie Rauch im Winde.

Schwarze entsprechen ihren Clichés nicht
Weiße entsprechen ihren Clichés nicht
Männer nicht, Frauen nicht, Schwulen nicht
Fremde, Behinderte, Obdachlose, alle nicht.
Niemand ist noch das, was er sein soll.

Und als ich die Verwirrung in allen Augen sah
dachte ich mir, wie fern wir voneinander sind
und doch so nah.

Che Chidi Chukwumerije
Im Jahrzehnt der Deutschen Dichtung

WENN KEINER ZUSCHAUT

Du bist jemandem sein Cliché
Und bist jemandem seine Lüge
Du bist jemandem sein Traum
Illusionen gibt es genüge

Wer bist Du, wenn keiner zuschaut
Wenn Du alleine bist?
Wenn der Sarg zugemacht wird
Nach abgelaufener Frist?

Wer bist Du, wenn Du Macht hast
Zu vertuschen, was Du tust?
Wer bist Du, wenn Du nichts hast
Und überleben musst?

Alles, was alle glauben
Ist doch bedeutungslos
Allein zählt, ob du innerlich
Klein bist oder wahrlich groß.

– Che Chidi Chukwumerije

SCHUBLADEN

Du wirst in Schubladen gesteckt.
Spar Dir Deine Tränen, Traurigkeit, Empörung, Enttäuschung –
Werde erwachsen und ertrage den Druck.

Dann kommt für Dich die Wahl.
Es gibt zwei Wege, den Druck zu besiegen –
Du weichst ihm aus und tauchst vorne wieder auf,
Oder Du erwiderst ihn mit Deinem Gegendruck.

Beides funktioniert.
Finde für Dich nur heraus, was zu Deiner Art passt,
Aber nie aber nie sollst Du aufgeben.

Dann flüstert mir diese freche kleine Stimme zu:
Aber einen dritten Weg gibt es noch –
Du spielst das Schubladenspiel mit;
Drehst den Spieß um, wirst zum Verführer und Lenker, und übernimmst die Führung.

Hauptsache, Du weckst sie nie
Aus ihrem Traum.

– Che Chidi Chukwumerije