Ich besuchte eine Wunde und sie war offen klagte aus weinendem Munde Ich kam näher, selbst betroffen Die Wunde war empfindlich und aufmerksam und klug zog mich an sich unwiderstehlich wich mir aus mit feinem Betrug Ich hob meinen Zeigefinger und legte ihn an die Wunde Sie seufzte vor nichts geringer als der Hoffnung, ich gesunde. Doch kein Mensch kann Dich heilen denn wir alle bergen eigene Wunden Nur wenn wir Ehrlichkeit teilen hätten wir Linderung gefunden. Ich besuchte eine Wunde und sie war zu - Doch sie begriff mich in unserem Abgrunde und öffnete sich mir ab und zu. Che Chidi Chukwumerije Im Jahrzehnt der Deutschen Dichtung
Ehrlichkeit
WAHRE BESCHEIDENHEIT
Bescheidenheit ist nicht immer Bescheidenheit Manchmal ist sie Feigheit Manchmal ist sie Unehrlichkeit Manchmal ist sie Eitelkeit Manchmal ist sie Dummheit. Bescheidenheit ist nur manchmal auch wirklich Bescheidenheit. Che Chidi Chukwumerije Im Jahrzehnt der Deutschen Dichtung
SELBSTÄNDIG DENKEN
Und dann, als wären sie selbständige Wesen, Erheben sich meine Flügel und laufen durch die Luft, Umschreiben praktisch hochtönende politischen Thesen, Die zwischen Volk und Gesellschaft liegen wie eine Kluft. Ich laufe mit und fühle mich an Klarheit genesen - Klarheit und Mut - und wer nach meiner Art ruft, Kann sie im Himmel wie Gedichte im Flug lesen. Che Chidi Chukwumerije Im Jahrzehnt der Deutschen Dichtung
SEHNSUCHT NACH UNMITTELBARKEIT
Ich wünschte Ich könnte einmal Die Empfindungen und Gedanken Die ein Tag mit sich bringt Mit Dir teilen Und dafür Die unzähligen Worte Die wir täglich tauschen Einmal verschweigen und Gemeinsam in unserer Wahrheit verweilen Leben wir einmal Einen Tag wie ein tausend Jahre Erleben wir einmal Ein Leben wie im Flug Ohne uns zu beeilen. Che Chidi Chukwumerije Im Jahrzehnt der Deutschen Dichtung
SO GEHT ES MIR
Wie geht es Dir? Universelle Frage ohne Antwort. Warum wird sie überhaupt gestellt? Mir geht es jeden Tag anders, was denkst Du denn? In mir ist eine Welt und alles, was in Welten so geschieht. Jetzt weißt Du, wie es in mir aussieht. Che Chidi Chukwumerije Im Jahrzehnt der Deutschen Dichtung
EREIGNISHORIZONT
Manche ziehen die Masken schon runter Andere haben sie noch an Beide zeigen ihr wahres Gesicht Maskenträger gibt es keine mehr Faktenchecker noch weniger Wahrhaftige und Fake sind beide echt. Nur die eigene Wahrheit fällt nun ins Gewicht. Che Chidi Chukwumerije Im Jahrzehnt der Deutschen Dichtung
OHNE FILTER
Zeig mir Dein Gesicht ohne Filter. Der wärmste Filter ist trotzdem kälter. Je sanfter, weicher, glatter, desto rauher und älter. Je glänzender, desto matter, je perfekter, desto entstellter. Zeig mir das Unvollkommene in Dir, Du und ich wissen ganz genau: Das ist das Perfekteste in Dir. Das Echte ist das Beste an einer Frau. - Che Chidi Chukwumerije Im Jahrzehnt der Deutschen Dichtung
IM VERTRAUEN
Es ist erstaunlich wie viele Seiten, Innenseiten, wie viele Schichten, geschweige denn Geschichten, verschwiegene Geschichten, wie viele andere Menschen ein einziger Mensch unter seiner Oberfläche Dir heimlich und eifrig zeigen wird, nur weil Du seine innerste innigste Wunde linder behandeltest und zart bandagiertest ohne ihn zu brechen. - Che Chidi Chukwumerije Im Jahrzehnt der Deutschen Dichtung
UNTERBELICHTUNG
Überbelichtung. Die ganze Welt wohnt im Netz Minus die ganze Welt Ich suche nach dem passenden Filter um die Mitmenschen auf der Straße klarer zu sehen. Verdunkelt. Erhellt. Doch sie sind zu wie Bücher Und zugänglich wie Bücher Anders ehrlich, anders verstellt. Wer ist der echte Mensch? Analog Oder digital? - Es kommt darauf an Welche Maske, Dir besser gefällt. - Che Chidi Chukwumerije Im Jahrzehnt der Deutschen Dichtung
DRANG NACH ERFÜLLUNG
Ich muss mich zurück ziehen, wie aus Winters’ Atem Frühlings Zug, aus falsch angenommenen Pflichten, aus Selbsttäuschung und Selbstbetrug. Wie oft wollen wir den Himmel stürmen und lassen dabei die Erde außer Acht? Wie oft wollen wir für alles und alle andern leben? Dabei werden unsre wahren Ziele umgebracht. Und schleichend kommt des Geistes Sterben, des Geistes Absterben bei lächelndem Gesicht; Eine Wahl kann doch nicht stimmen, die getroffen wird zwischen Liebe und Pflicht. Eine Menschheit kann doch nicht gedeihen, wenn jedes Ich zutiefst gespalten ist; Frieden und Krieg werden nur wiedergeben, was ich innerlich bin und was Du innerlich bist. - Che Chidi Chukwumerije Im Jahrzehnt der Deutschen Dichtung
