Ich kann ein Land nicht verlassen In dem ich nie gelebt habe Ich kann Augen nicht vergessen An denen ich einmal geklebt habe Ich kann einen Traum nicht wegschmeißen Egal ob ich ihn jemals angestrebt habe Oder nicht. Che Chidi Chukwumerije Im Jahrzehnt der Deutschen Dichtung
empfinden
SUMMA SUMMARUM: SCHREIBEN
Am Leben bleiben durch Schreiben.
Das Empfundene zu denken reicht mir nicht.
Auch reden mag laut scheinen, schreiben stumm,
doch Schweigen umfasst das ganze Universum.
Summa Summarum:
Schreiben ist die Welt mir einverleiben,
ist mich der Welt hinterlassen – des Dichters Pflicht.
Che Chidi Chukwumerije
Im Jahrzehnt der Deutschen Dichtung
DER INNERE NAVIGATOR
In der Landschaft meiner Gedanken
fliege ich, ein Flugzeug,
und ich fliege durch sie hindurch
Denn ich muß tausend Gedanken ignorieren
um den einen zu finden,
der mich unaufhörlich ruft
Ich sehe Euch alle
und ich liebe Euch alle
dennoch muss ich Euch alle verlassen.
– Che Chidi Chukwumerije
Im Jahrzehnt der Deutschen Dichtung
DER NORDEN
Deine Brust muss breit sein
Um die Endlosigkeit des Nordens
Zu umfangen
Und um die tausend tiefen Stimmen
Gefangen in seiner Schweigsamkeit
Zu empfangen.
Che Chidi Chukwumerije
Im Jahrzehnt der Deutschen Dichtung
GEISTERHAND
Und meine Gedanken waren eine Leinwand
Und ich schaute auf sie und fand
Darauf den Eindruck einer fremden Hand.
War es mein Verstand
Der meinen Geist nicht verstand?
Oder wird jeder Dichter – außer Rand und Band –
Lediglich geführt von Geisterhand?
– Che Chidi Chukwumerije
Im Jahrzehnt der Deutschen Dichtung
EIN WACHES EMPFINDEN
Ich habe Menschen gesehen
Die herb und streng aussehen
Und doch sind sie zart
Ich habe welche getroffen
Die interessiert wirken und betroffen
Und sich entpuppten als hart
Mode ist’s wieder geworden
Daß Kinder sich gut geborgen
Fühlen hinter einem Bart
Wir glauben oft zu kennen
Ohne richtig zu erkennen
Was sich um uns schart
Stacheln schützen oft eine Rose
Und manch eine Herzlose
War anders am Start
Doch manchmal zeigt die Figur
Auch einfach die wahre Natur –
Frag Deinen inneren Torwart
Ob überheblich oder einsam
Sie haben eines gemeinsam
Beide wirken apart
Man braucht ein waches Empfinden
Im Erleben, um herauszufinden
Seine wirkliche Gleichart.
– Che Chidi Chukwumerije
2019: Jahr der deutschen Dichtung.
MUSIK SEIN
Das Gesagte ist nur halb gewagt
Den Rest lass Sein.
– Che Chidi Chukwumerije
FEST ABER ZART
Zart geht das
Bezwingen kann man es nicht
Empfangen nur
Kann man ein Gedicht
Das war zu hart
Denke daran, das ist eine Blume
Fest aber zart
Werbe Dich um die Blume
Und wenn ich scheide
Bleibe ich
Und wenn ich bleibe
Scheide ich
Aber nie aber nie leide ich
Scheide oder bleibe ich
So geht das
Bestimmen kann man es nicht
Empfinden nur
Kann man ein Gedicht.
– che chidi chukwumerije.
EMPFANGEN
Manchmal kann man einen Menschen
Nach nur einer Begegnung viel besser verstehen
Als nach zehn Treffen
Wie manch ein Zaubergedicht, dessen Bedeutung
Man beim ersten Lesen voll und ganz tief empfing
Und bei weiterem Lesen
kompliziert und mühsam selber
Versucht,
gewaltsam denkend
dem Gedicht abzuringen
Vergebens.
– CHE CHIDI CHUKWUMERIJE.
OMEN
Manchmal liege ich namenlos da und weiß nicht, wer ich bin. Und bin glücklich.
Ich rufe mir alle Namen ins Gedächtnis, die ich jemals hieß oder noch heiße, im Spaß und im Ernst, doch – merkwürdig – keiner von ihnen trifft zu.
Ich habe mich daran gewöhnt, mich an meinen eigenen Namen nicht mehr erinnern zu können.
Vielleicht habe ich dadurch die Möglichkeit, wirklich Ich zu werden, Ich zu sein, mich (wieder) zu finden und zu erkennen – nicht im Namen nur, sondern tatsächlich im Wirken.
– Che Chidi Chukwumerije.