MITTEN IM GESPRÄCH

Irgendwann schweigen wir
und durch unser Schweigen zeigen wir
das Vorhandensein von Welten tief in uns
jenseits der gekonntesten Redekunst.

Che Chidi Chukwumerije
Im Jahrzehnt der deutschen Dichtung

GIESSET DIE BLUMEN

Alle diese Gedanken,
die wir denken, in die Welt setzen,
was geschieht mit ihnen?
Die die ätzen, vernichten, verletzen.

Wir kommen und gehen
aber unsere Gedanken bleiben
wie unsichtbare Wolken
die verdichtend nicht weiter treiben.

Gedanken der Habsucht,
der Ichsucht und der Selbstsucht,
Gedanken der Eigensucht
und weniger der Lichtsehnsucht.

Ab und zu in der Wüste
hier und da ersprießt unerklärlich
eine einsame tapfere Blume.
Halte durch, Du bist unentbehrlich.

Che Chidi Chukwumerije
Im Jahrzehnt der deutschen Dichtung

VIELE BLUMEN

Die einen Blumen
waren nur Gedanken
Sie blühten über meinem Kopf
Ich war der Blumentopf

Die anderen Blumen
waren Worte
Sie hüllten mich um
Schön und dennoch krumm

Einige Blumen dagegen
waren Gefühle
Wie sie in meinem Blute sprießen
wilde Dufte hinterließen

Und die aller ersten Blumen
waren Empfindungen
Es gibt einen himmlischen Garten
in denen sie auf mich warten

Aber die wichtigsten Blumen
sind meine Taten
Wenn ich sie Dir schenke
weißt Du, was ich wirklich denke.

Che Chidi Chukwumerije
Im Jahrzehnt der deutschen Dichtung

PLATZ DER EMPFINDUNGEN

Such Dir einen Platz
in Deinen eigenen Erinnerungen -
bewahre dort den Schatz
Deiner frühsten Empfindungen

Und sollte der Weg verschwinden
wirst Du ihn suchend wieder finden
in Deinem zartesten Empfinden.

Che Chidi Chukwumerije
Im Jahrzehnt der deutschen Dichtung

ES IST SCHWER

Der Mensch und seine Gedanken
wie alle Monde und deren Erden
gegenseitig gefangen und tanzen
in ihren jeweiligen Gravitationsfeldern
Sie steigen und sinken zusammen.

Es ist schwer, anders zu denken, als Du bist.

Der Mensch und seine Empfindungen
wie alle Erden und ihre Sonnen
an einander gekettet in festen Bindungen
in ihren gegenseitigen Gravitationsbahnen
Sie steigen und sinken zusammen.

Es ist schwer, anders zu empfinden, als Du bist.

Che Chidi Chukwumerije
Im Jahrzehnt der Deutschen Dichtung

DIE GEDANKEN SIND UNFREI

Die Gedanken sind unfrei,
gebunden an Neigungen,
an Hängen und an Lastern,
an Wunden und Erinnerungen -

Die Gedanken sind unfrei,
gefesselt an Vorurteilen,
an Voreingenommenheiten,
gewurzelt in festen Erdteilen.

Die Gedanken sind nicht frei,
wie Monde kreisend festgehalten
im Bann Deines inneren Selbsts,
deren Sinn sie immer enthalten.

Die Gedanken sind nicht frei
und sie machen nicht frei -
Nur das Herz kennt die Kunst
der wahren freien Fliegerei.

Che Chidi Chukwumerije
Im Jahrzehnt der Deutschen Dichtung

ABENDLICHE EMPFINDUNGEN

Wenn der Abend, wie ein Riese,
uns mit großen Flügeln umarmt,
verdunkelt Straße, Wald, Wiese;
wenn Astraios sich unser erbarmt,
lässt ahnen die tiefen Paradiese,
denn unser Herz hat sich verarmt
an unserer Welt unendlicher Krise;

Wenn jeder Baum zum Wesen wird,
beobachtend den Oktoberabend, still,
und Schatten tanzen seltsam und wierd -
es fühlt sich an wie ist aber nicht April -
die Gedanken, die sich tagsüber herumgeirrt
haben, ahnen nun, was die Empfindung will,
kehren zu ihr zurück wie Schafe zum Hirt.

Che Chidi Chukwumerije
Im Jahrzehnt der Deutschen Dichtung

EIN HERZ VOLLER EMPFINDUNGEN

Ein Tag fängt mit einem Herz voller Empfindungen an
Denn der Geist ist eine Sonne, die Regenbögen in der Seele aufwirft -
Das ist seine Art, guten Morgen zu sagen,
die Welt mit neuen Träumen zu grüßen
und mit neuem Drang anzufeuern.

Die Kunst
Der Kampf
Die Herausforderung
ist nicht das Bewältigen des Äußeren
sondern das Beibehalten des Inneren
während Du täglich reist

durch den tausendfach verzweigten Tag
und an Deinem Inneren speist,
denn nicht die Sonne erhellt den düsteren Tag
sondern der Geist.

Che Chidi Chukwumerije
Im Jahrzehnt der Deutschen Dichtung 

MEIN VIELFÄLTIGES HERZ

Klopf Klopf!
Wer ist da?
Ich klopfe nicht, Conga, ich trommele
Ich bin keine Conga, bin Dein Herz
Wieso wohnen so viele Lieder in Dir denn?
Das sind keine Lieder -
Sondern?…
Das sind Geschichten und Empfindungen
Wessen? Wo kommen sie her?
Sie sind Deine
Aber sie sind so viele und so merkwürdig
Ja, das ist Dein Herz.

Che Chidi Chukwumerije
Im Jahrzehnt der Deutschen Dichtung

ZUGFAHRT DURCHS LEBEN

Schnell fliegen die Bäume
an mir vorbei - denn ich, soeben
stürmisch, nun stillsitzend neben
mir, besuche die Innenräume
meiner Empfindungen.

Ob ich Wichtiges versäume
auf meiner Zugfahrt durchs Leben?
Eine Rückfahrt ist nicht gegeben -
Meine Tage sind die Träume
meiner Empfindungen.

Che Chidi Chukwumerije
Im Jahrzehnt der Deutschen Dichtung