IMMERSEIN

Wir sind hier
in einer Kopie,
um den Sinn der Sache
zu begreifen.

Ehe. Freundschaft.
Streit. Versöhnung.
Fehler. Lernen. Streben.
Reifen und weiterreifen.

Gibt es irgendwas,
das – ob hier oder dort –
ewig bleibt?
Dann wollen wir danach greifen.

Che Chidi Chukwumerije
Im Jahrzehnt der Deutschen Dichtung

GANZ

Nimm den Tag –
Sei grob,
Nicht zimperlich.
Nimm ihn grob und groß
und ganz.
Und schlaf heute Nacht
Mit einem vollen Herzen
Voller Leben und Stolper
und Tanz.
Alles was Du nimmst, nimm ganz.

Doch wenn die Wege dünn sind,
Dann laß alles Feine in Dir das Feine
In mir wecken, schmecken
Und sich in einander verstecken.
Und bleib heute Nacht
Die ganze Nacht lang wach mit Verlangen
Nach tieferem Unterfangen.
Und auch das, nimm ganz.

Che Chidi Chukwumerije
2019: Das Jahr der deutschen Dichtung

MOMENTE NÜTZLICH FÜLLEN

Wissen, wann man am besten Tschüss sagt
Kurz bevor der schöne Abend plötzlich unbehagt
Noch während eine schöne Aussicht hervorragt
Und Unsicherheit Deine Seele noch nicht plagt

Wenn noch keiner nach der Uhrzeit fragt
Und die späte Müdigkeit witzelnd beklagt
Gähnend fragt, ob man heute Abend noch was wagt
Und Unsicherheit an noch keiner Seele nagt

Das Treffen ist jung, doch sein Sinn schon betagt
Die Dynamik des Gesellens ist einfach so veranlagt
Der Mut zur Bindung irgendwann doch verzagt
Weil Unsicherheit in die Seelen jagt

Unsicherheit darüber, was der eigentliche Sinn ist
Des Treffens, des Moments bezüglich der kurzen Frist
Die das Erdenleben uns unerbittlich ausmisst
Was der Mensch in seinem Unterbewusstsein nie vergisst.

Che Chidi Chukwumerije.
2019: Das Jahr der deutschen Dichtung

MOMENTE DES LEBENS

Momente gesammelt
Denn ein Herz hat mehr Speicherplatz
Als alle Smartphone der Welt versammelt
Neben diesem einen Schatz:
Menschengeist.

Blatt um Blatt
Lese ich alle Menschen zwischen den Zeilen
Wie kann ich vergessen, was mich geprägt hat?
Momente markieren meine Meilen
Ich, Menschengeist.

Momente der Freude
Momente des Schmerzes, der Angst, der Liebe
Was mich einmal durchdringt, gehört im Gebäude
Meines Geistes fortan zum Getriebe
Je mehr ich erlebe
Desto mehr lebe
Ich, Menschengeist.

Che Chidi Chukwumerije
2019: Jahr der deutschen Dichtung

VERZEHREN

Der Genuß des Lebens
Besteht für mich darin
Die Grenzen der Reize ständig auszuweiten
Die ich ohne nach zu geben
Ertragen kann.

Was läufst Du weg von mir
Und steigerst mein Empfinden?
Gefangen zwischen Mensch und Tier
Am Sehnen und am Erblinden.

Du bietest mir körperliche Nähe an
Auf daß ich deine Seele in Ruhe lasse
Aber nein – Ich weiß, was ich will.

Was ist Zeit?
Wir haben die Ewigkeit.

Und Langsamkeit.

CHE CHIDI CHUKWUMERIJE.

DICHTUNG

Verantwortung
Übernehmen
Verantwortung
Übergeben

Wo liegt der Unterschied?
Erhielt ich, was ich vermied?
Oder vermied ich, was ich erhielt?
Erzielt – gezielt oder geschielt?

Suchen und sehnen –
Finden, Lachen und Tränen.

Aufgaben
Aufgeben
Aufgaben
Aufnehmen

Leben verpflichtet
Und verschlüsselt und dichtet.

– Che Chidi Chukwumerije.

SELBST IST DIE ZEIT

Ruhe. Der Tag vergeht
Die Zeit aber nicht
Dein Sehnen selber dreht
Für dich das Licht

Auch in schwarzer Nacht
Weht dein Wandern weiter
Die Mitternachtsonne lacht
Und wird dir Leiter

Bis ein neues Verlangen
Dich schwindlig macht
Neues anfangen
Denn Alt-Es ist vollbracht

Die Zeit dreht den Suchenden
Richtung neuem Heim
Doch wird alles sich enden
Trotzdem im alten Reim.

– Che Chidi Chukwumerije.

NIMMERSATT

Alles Leben
Ist Lieben

Ist Leiden
Glauben
Sehen

Alles Sehen
Ist Gehen

Ist Erleben
Finden
Werden

Lebendig
Liebhaber
Leidender
Werden

Überzeugt werden
Ist sehend geworden

Sehen
Ohne Farbbrille

Gehen
Ohne Gehstöcke

Erleben
Ohne Vorurteile
Ohne Schutzmantel
Oder Deckmantel

Finden
Ohne Gier
Ohne Angst
Doch ohne
Satt werden auch

Ist
Werden
Durch
Leben.

– Che Chidi Chukwumerije.