Familie Schwer zu fassen Bindungen, die umfassen Unausgesprochen doch laut Geht tief unter die Haut Blut ist dick, doch Liebe ist dicker Liebe ist Familie. Che Chidi Chukwumerije Im Jahrzehnt der Deutschen Dichtung
Familie
FAMILIENSINN
Die Ruhe die Ihr mir verschafft die ist mehr als Ruhe die ist Kraft Die Freude die ich wegen Euch habe die ist ein Zaubertrank mit dem ich mich labe Die Klarheit die Ihr in mir verursacht sie befreit mich von Altem sie ist Macht Ruhe bringt Kraft Freude ist ein Lebenstrank Klarheit, Wissen ist Macht Dieses Gedicht ist ein kleiner Dank. Che Chidi Chukwumerije Das Jahrzehnt der deutschen Dichtung
FAMILIENFRIEDEN
Brüder kriegen gegen und töten einander - so kommt es mir vor. Die selben Gesichter. Denn bis der Krieg anfing, dachte ich immer, Russen und Ukrainer seien Geschwister. Was bedeutet Familie noch?, frage ich mich. Bevor er starb, sagte mir mein Vater, leise: Wenn Ihr alles verliert außer Einheit und Frieden, habt Ihr alles Notwendige für die Reise. Che Chidi Chukwumerije Im Jahrzehnt der Deutschen Dichtung
KLEINE TRENNUNGEN
„Vater, Du brauchst zu lang - Kann ich wieder alleine hin?“ Ich spüre seinen Freiheitsdrang. Er muss zum Hort Ich zur S-Bahn und zur Arbeit Für jeden Menschen ein anderer Ort „Wir müssen in die selbe Richtung. Lasst uns doch zusammen bis zur zweiten Kreuzung.“ Wir laufen los Er marschiert zielstrebig nach vorne, beachtet mich nicht groß. Für diese Strecke auf jeden Fall braucht er mich nicht mehr, auf einmal. So reisen wir ein Stück miteinander, Vater und Sohn, dann gehen unsere Wege auseinander. Ich bleibe stehen, sehe ihn selbstbewusst weiter laufen und dann um die Ecke gehen. Kleine Wendungen können genau so tief bewegen wie große Trennungen. - Che Chidi Chukwumerije Im Jahrzehnt der Deutschen Dichtung
VORFREUDE AUF WEIHNACHTSFREUDE
Der schönste Moment des Tages
Stufe für Stufe stiegen wir die Treppe hoch
äußerlich auf die Bühne
innerlich in die Freude
und holten die Weihnachtsdeko runter
denn Sehnsucht war das Treppenhaus
Mein Sohn und ich
Vergangenheit und Zukunft
Erinnerung und Hoffnung und kommende Nostalgie.
– Che Chidi Chukwumerije
Im Jahrzehnt der Deutschen Dichtung
DIE ANDEREN ERDWANDERER
Einst hatte ich Angst vor Tieren
und vertraute Menschen;
Jetzt habe ich Angst vor Menschen
und vertraue Tieren.
Wir sind nicht allein –
Lange bevor wir kamen
Lange nach dem wir wieder verschwinden
waren sie da, werden sie da sein…
Augen größer als Schweigen
Erinnerungen tiefer als Menschengedächtnis;
Wir wollen Tiere erziehen,
sie, unsere feinsten Lehrer.
– Che Chidi Chukwumerije
Im Jahrzehnt der Deutschen Dichtung
FAMILIE
Ihr seid mir Anker
Ohne Ruder kam ich an
und konnte nicht anlegen
Steuerlos drohte ich,
weiter zu driften,
heimatlos…
Dann kamt Ihr
aus der Tiefe meiner Sehnsucht
stiegt Ihr aus
Und wurdet mir Anker
hier an diesem Ufer
hier in diesem Land.
– Che Chidi Chukwumerije
Im Jahrzehnt der Deutschen Dichtung
NACH-RICHTEN
Merkwürdig, wie abends
das inhaltlose Babbeln meiner Liebsten
mir mehr sagt, als tagsüber
alle Nachrichtensender der Welt es vermochten
Viele Fragen, die der Tag in mir entfachte
Viele Widersprüche, über die ich nachdachte
Viele Schmerzen, die mir die Welt brachte
werden durch ihre kindliche Liebe geantwortet.
– Che Chidi Chukwumerije
Im Jahrzehnt der Deutschen Dichtung
FAMILIE BRAUCHT KEIN BLUT
Ist Blut Familie?
Ich suchte überall in meinem Erbgut,
vergebens,
denn es fehlte mir trotzdem
ein Teil von mir,
der mit mir nicht verwandt ist.
Er hat fremden Hut an.
Unter allen Menschen gibt es keinen,
der mir mehr zugewandt ist
als meine geistige Gleichart
in fremder Gestalt, als wäre Familie
erst dann wirklich Familie,
wenn sie außerhalb vom Blut liegt.
– Che Chidi Chukwumerije
Im Jahrzehnt der Deutschen Dichtung
IM HERZEN SPEICHERN
Ihr lächelt uns an
jetzt schon
aus Bildern einer verschollenen Zeit…
mit Gesichtern, die Ihr nicht mehr tragt –
Wie wird es sein,
wenn wir nicht mehr da sind
und Ihr diese Fotos Euch anschaut
und Euch an den Moment
nicht mehr erinnern könnt,
an dem Eure Eltern diese Fotos machten?
– Che Chidi Chukwumerije
Im Jahrzehnt der Deutschen Dichtung