Flugs hüpfen wir von Frankfurt nach München ein Flugzeug voller Gedanken und Menschen die besuchen die Wolken im Himmel ein bisschen doch verlassen nie den Boden der Tatsachen. Unsere sieben Sachen im Gepäck, und Lachen. Che Chidi Chukwumerije Im Jahrzehnt der Deutschen Dichtung
Flugzeug
FLUGZEIG
Ich zeig Dir die Welt Jenseits Deines Erlebnishorizonts Wo Deine Gedanken nicht erreichen Da fliege ich Dich hin und zeig es Dir Menschen die ähnlich aussehen wie Du und anders denken Menschen die anders aussehen wie Du und ähnlich sich verhalten Nur ein Flug und ich zeig es Dir und mehr Und wenn Du da bist, zeige ich Dir, aus der Ferne, dort, wo Du her kommst Und Du wirst sehen, Du hast es nie verlassen - Auch das zeig ich Dir mit nur einem Flug: Ich zeig Dir den Weg wieder zu Dir und ich zeig Dir Dich. Che Chidi Chukwumerije Im Jahrzehnt der Deutschen Dichtung
FLIEGEN ÜBER WOLKEN
Ein Flügelpaar schwingt reglos durch die Luft Die Ferne ruft und ruft und ruft… und ruft. Ein’ brennend’ Sehnsucht überbrückt die Kluft zwischen Vorstellung und Duft Ein Flugzeug kennt die Einsamkeit nicht - Ist Reisen ein Drang, eine Freude oder Pflicht? Von unten sind die Wolken drückend und dicht Von oben sind sie mir bloß ein Gedicht Ein Haufen Gedanken, vielförmig, ohne Ziel in die wie Blitz plötzlich eine Empfindung einfiel aufwirbelte, neuordnete, verdichtete: Regenspiel. Wenige Wolken erzeugen in mir Gedanken viel. Che Chidi Chukwumerije Im Jahrzehnt der Deutschen Dichtung
FLUGREISE
Wir flogen durch die Wolken ein Stück, wie eine Idee durch unsere Gedanken zieht. Wir blieben der Wolken als kurze Erinnerung zurück und verschwanden wie eine Idee, die den Gedanken entflieht. Che Chidi Chukwumerije Im Jahrzehnt der Deutschen Dichtung
MITFLIEGENDE WURZELN
Das Flugzeug ist voller Wurzeln, die bis zum Boden - fast - reichen. Die sitzen fest angeschnallt sehnen sich nach der Landung. Ihre Geschichten, ihre Schicksale, wie Schleifen, hängen außen vom Flugzeugrumpf herunter, sichtbar nur dem Hellseher, dem Fantasieregen und dem Dichter, fliegen im Wind, mitgezerrt, flatternd hinten wie hundert Schwänze. Sie sind die Wurzeln der Reisenden und sehnen sich ebenso nach dem Boden, nach Erdung. Sanft war die Landung. Die Menschen setzen Fuß auf festen Boden. Ihre Wurzeln bohren sich wieder in die Erde. Nur ihre Träume und ihre Wünsche, diese fliegen weiter. Che Chidi Chukwumerije Im Jahrzehnt der Deutschen Dichtung
EINE LANGE LEBENSREISE
Sie mit Krücken
Er mit Liebe beladen langsam
schleppte ihre beiden Taschen
hinter ihrem Rücken –
beide müde lächelnd, schweigsam.
Erreichten ihren Sitzplatz
mit getauschten Blicken so linder
daß sie mich überraschen
setzten sich nebeneinander –
jeder dem anderen ein ewiger Schatz.
– Che Chidi Chukwumerije
Im Jahrzehnt der Deutschen Dichtung
ÜBERFLUG
Die harten Bergspitzen
kitzeln zart den nackten Bauch
des stolzen Flugzeugs
Überrascht hält es an,
knurrt sanft und bleibt schwebend
im Genuß gefangen –
steif und weich
Eine Wolke fast wie
ein tausend andere
Dann erinnert es sich plötzlich
an seine Reise wieder und eilt
schnell davon
scheu wie ein Vogel.
– Che Chidi Chukwumerije
Im Jahrzehnt der Deutschen Dichtung
FLUG NACH ROM
Sie tuschelten
Kuschelten
Zeigten sich gegenseitig
Sachen auf ihren Handys
Als das Flugzeug startete,
gab sie ihm die Hand –
Ich sah in seinem festen Griff,
die Liebe, die sie verband
Als das Flugzeug wackelte,
fiel ihr Haupt auf seine Brust –
Ich sah, an seiner Hand auf ihrem Kopf,
die Angst vor Verlust
Als das Flugzeug landete,
lächelte sie ihn erleichtert an –
Ich sah in dem Kuss, den er ihr schenkte,
einen völlig verliebten Mann.
– Che Chidi Chukwumerije
Im Jahrzehnt der Deutschen Dichtung
FLUG GEN SÜD
Flogen die Küste entlang
Dann zogen über die Berge
Und weit weit unter uns
just über den Bergspitzen
lagerte sich die Wolkenmasse,
der Erde eine Decke,
dem Himmel ein Teppich.
Dann kamen die Häuser
emsige Tausendfüssler
schmiegten sich an die Küste
mit Sehnsucht nach dem Mittelmeer,
ihrer Mutter, über die wir jetzt zogen,
in ihre offene Weite eindrangen
und flogen weiter südlich.
– Che Chidi Chukwumerije
Im Jahrzehnt der Deutschen Dichtung


FERNZEUG
Ein Flugzeug
Einsam und ernst
Strebt einem fernen Ziel zu
Doch alles, was es erreicht,
Ist die Ankunft in mein Herz.
Egal wie weit es fliegt
Entkommt es meiner Sehnsucht nicht
Egal wie hoch es steigt
Verschwindet es nie aus meiner Sicht –
Fernweh.
Traumraum
Der wahre Wolkenkratzer
Beweglicher Gedanke
Flugweh…
Du schönes Fernzeug.
– Che Chidi Chukwumerije
Im Jahrzehnt der Deutschen Dichtung
