TIEFER ALS BLUT

Viele werden kommen und wieder gehen,
viele Ausländer aus Ländern und Begriffen,
denn fremdsein liegt nicht nur im Aussehen -
das besonders Fremde sitzt nicht in Schiffen.

Es sind Gedankenformen und Empfindungen,
die uns anfassen, auffassen und erfassen,
die uns einspannen in neue Verbindungen -
die wir nicht fassen - eher sie uns wieder verlassen.

Ihr denkt, daß Blut das tiefste ist…
Ihr irrt gewaltig; tiefer verankert als Blut
liegt der Boden, wo das Tatsächliche sitzt:
Fremdes, Eigenes, Geist, Hab und Gut.

Che Chidi Chukwumerije
Im Jahrzehnt der deutschen Dichtung

NÄHE TRENNT

Man sieht so viel äusserlich
Erkennt so wenig innerlich
Umarmt die Welt geschwisterlich
Bleibt auf Abstand freundlich
Reicht sich die Hand höflich
Aus der Distanz
Denn die Welt entfremdet sich täglich.

Che Chidi Chukwumerije
Im Jahrzehnt der Deutschen Dichtung

FREMDSEIN IST WENIGER WOANDERS SEIN

Du musst stark sein, Fremder
denn fremder als die Länder
und als die irdischen Gewänder
ist das Unbekannte im Bekannten,
das falsch Beschriebene im Benannten,
das ungerecht Getroffene im Verbannten.

Fremdsein ist weniger woanders sein,
sondern sogar Zuhause innerlich anders sein
und angeblich oder zwanghaft besonders sein
müssen um normal zu scheinen,
zu vertauschen lachen mit weinen,
im Unreinen mit Dir zu sein im Reinen.

Che Chidi Chukwumerije
Im Jahrzehnt der Deutschen Dichtung

GLEICH GEWORDEN

Wenn die Blicke nicht mehr treffen
Oder sich nicht mehr treffen
Oder nur hart
Wenn die Worte nicht mehr verletzen
Meine Ungleichart

Dann werde ich irgendwie traurig schon
Denn ich wäre härter geworden
Bedeutete das
Nicht schützen möchte ich mich aber
Nur mich öffnen…

Dann werde ich heimlich glücklich schon
Denn ich wäre stärker geworden
Bedeutete das
Nicht ungeschützt will ich, wund,
Täglich sein…

Dann wird es mir eigentlich egal sein
Aber nicht uneigentlich.
Also eigentlich.
Wenn Blicke nicht oder sich nicht oder
Nur hart treffen.
Mit und ohne Worte.

Che Chidi Chukwumerije
2019: Das Jahr der deutschen Dichtung

ECKEN UND KANTEN

Lebe ich unter den Toten oder
Sterbe ich unter den Lebenden?
Ein Teil von mir lebt und
Es soll auch leben

Ein Teil von mir stirbt
Und er soll auch sterben

Fremd sein ist Fluch und Segen
Anders sein ist sich selbst sein
Freude gibt es allein im Widerstand

Ohne Widerstand kein Wechselstrom
Keine wahre Verbindung
Keine Ehrlichkeit

Nur Heuchelei
Und Rollenspiele
Und Traurigkeit.

– Che Chidi Chukwumerije.

ALLES UND NICHTS

Das Äußere
Das Veräußerte

Das Innere
Das Verinnerlichte

Mein Bruder sieht nicht aus, wie ich
Der Fremde aber könnte mir Zwilling sein

Wegen des Geäußerten
Das immer Vieles aber nie Alles
In sich verinnerlicht preisgibt.

– Che Chidi Chukwumerije.

ALLEINSEIN

Ich stoße Menschen von mir ab
Halte meine Einsamkeit im Trab
Nehm mein Alleinsein mit ins Grab

Dein Unverständnis schützet mich
Freundschaft war tief, ein Spatenstich
Dolchstöße rein für Dich, mein Ich

Dann war alles nur Saitensprung
Wer weiter tanzt, der ist noch jung
Wo bleibst Du, stolze Dämmerung?

– CHE CHIDI CHUKWUMERIJE.