Der langsame Vorgang des Aufbaus einer Beziehung mit den 4 Jahreszeiten hinterlässt nicht nur biologische, sondern auch seelische Spuren an mir. Obwohl ich seit fast 2 Jahrzehnten mit Deutschland zu tun habe, wohne ich erst seit dreieinhalb Jahren mehr oder weniger fest hier. Lange stand ich vor der Wahl und weigerte mich, sie zu treffen, bis sie für mich getroffen wurde vom Schicksal.
Es dauerte nur ein paar Monate, bis ich begriff, daß in einem Land länger am Stück leben ganz anders ist, als es oft besuchen. Sprache ist nicht gleich Sprache, und definitiv nicht gleich Kommunikation. Vor allem die Jahreszeiten, wenn man aus einer völlig anderen Klimazone stammt – die sprechen eine Sprache, die nur sie höchstpersönlich jedem Einzelnen beibringen können. Daran hatte ich vorher nicht gedacht. Es ist ein langsames, sehr langsames, sich mit dem Fremden verständigen. Sie legen sich mit ihrem ganzen Gewicht nach und nach auf ihn, bis er nicht mehr atmen kann, denken kann, sehen kann, ohne sie zu berücksichtigen, ohne alles innerhalb des Zusammenhangs ihres All-seins zu tun. Als wäre man eine Blume, spürt man wie allmählich neue Blätter aus den Tiefen seiner Seele schmerzvoll entfalten. Der Schmerz fühlt sich wie das Erwachen neuer, zusätzlicher Lungen an, die dem Wanderer mit der Zeit eine Vielseitigkeit an Leben-aufsaugen ermöglichen, die – wie bei den Jahreszeiten – seinem Nachbarn verborgen bleibt. Denn jeder erlebt sie auf seiner eigenen Art und Weise.
Wie viele Menschen bin ich jetzt geworden? So verlockend es ist, zu behaupten, ich wäre jetzt zwei oder drei, und was weiß ich noch wie viel mehr geworden, muß ich gestehen, trotz allem immer noch der selbe Mensch zu sein, der Durchreisende, der nicht nur Fußstapfen hinter sich lässt, sondern auch Abdrücke auf seiner Seele sammelt.
Dieser Frühling fühlt sich manchmal wie Herbst an – nur sind das allein meine eigenen Blätter, die an Buntheit gewinnen.
– Che Chidi Chukwumerije.
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