Manche kommen ohne zu gehen Manche gehen ohne zu kommen Manche kommen ohne abzugehen Manche gehen ohne Abkommen Frust Lust Was Du musst Unterscheidet sich von dem, was Du tust Sehnen, dehnen Nehmen, genommen Fragen, verzagen Weder gehen noch kommen. Che Chidi Chukwumerije Im Jahrzehnt der Deutschen Dichtung
Frust
EIN FREUNDLICHER GRUSS
Manchmal schleppst Du eine Wut jahrelang mit Dir herum in Deiner Brust - Du merkst es allein dadurch, daß Du immer leise sprichst, unbewusst. Die Wut, die Du gewaltsam unterdrückst, verwandelt sich in unstillbare Lust, die, weil sie trotz Ausleben unersättlich bleibt, sich wiederum verwandelt in wachsenden Frust. Und so begegnen wir uns täglich, im Zug, im Bus, bei der Arbeit, in der Freizeit, Millionen Ventilsucher, gebundene Gewitter, getrennt durch ein Gruß von Eintracht oder Streit. - Che Chidi Chukwumerije Im Jahrzehnt der Deutschen Dichtung
LIEBESKRANK
Für eine Ohrfeige
Schenkt sie Dir ein dunkles Grinsen
Daß Dich erschreckt und befriedigt
Denn Du merkst, sie ist krank
Krank vor Liebe
Krank ohne Liebe
Und Du weißt nicht,
Welchem Teil von Dir Du gehorchen sollst:
Dem Biest oder dem Engel
Dem Feigling oder dem Ritter.
Denn Du möchtest sie töten
Und Du möchtest sie retten.
– Che Chidi Chukwumerije
Im Jahrzehnt der deutschen Dichtung
KOMMEN
Das lange Warten, darauf,
daß Du antwortest. Ich sah
einst einen Wissenschaftler
der starrte in ein Reagenzglas…
Ich warte darauf, daß Du antwortest
Geduldig beobachte ich mich
wie ich in Dir gäre,
gründlich gäre, als wäre ich eine
chemische Substanz, ein Geheimagent
ohne Beschleunigungsmittel
Langsam gäre ich in Dir weiter
Langsam muß es sein
Ich entbehre die Geschwindigkeit
Vermehre mich mit Langsamkeit in Dir,
eine Frage der Umwandlung in die Antwort
auf die Frage, darüber, wo ich hingehöre, fast wie eine Chimäre
und Dein tiefes Atmen in meinem Herzen
Ist alles, was ich noch höre.
– Che Chidi Chukwumerije (9.1.2020)
Im Jahrzehnt der deutschen Dichtung
UNZUFRIEDEN
Der Schmerz des Unerfüllbaren
Distanz ist manchmal besser wie Nähe
Du weißt, daß ich Dich trotzdem sehe
Das, was wir, zusammen, nicht waren…
Das, was wir, getrennt, nicht sind…
Siehst Du’s jetzt auch? Wir waren so blind.
– Che Chidi Chukwumerije.
WERTLOS
Ich erlitt einen dieser schlimmen Momente
In denen ich mich wertlos fühlte
Dichten ist angeblich eins meiner Talente
Wenn die Welt nur mitfühlte.
Ich schreibe die falschen Worte zu den falschen Menschen
In der falschen Sprache zur falschen Zeit
Mich tröstet nur das Lied meiner Seelenschmerzen:
Deine Gedichte sind für die Ewigkeit.
Das Gefühl zu haben, dem Zeitgeist nicht zu entsprechen
Nicht cool, nicht in, sondern komisch, anders
Ein Kuriosum, ich kann es nicht verstecken
Wie ein verirrter Wanderer.
Nur die kleinen Dinge rühren mich
Ein gütiges Wort, eine selbstlose Tat
Ein ehrliches Sich-zeigen aus dem inneren ‘Ich’
Sind das Wertvollste, was das Leben zu geben hat.
– Che Chidi Chukwumerije
„Das Jahr der deutschen Dichtung“
LIEBESKUMMER
Ich möchte wieder sterben
Nochmals so tot sein
Wie ich es war
Bis deine Augen mich zum Leben lockten
Wer hat dir das Recht gegeben
Mir das Atmen bei zu bringen
Ohne mich vorher zu warnen
Die Luft sei knapp?
Was mache ich überhaupt hier
In einem Gespräch ohne Vertrauen
Wo Lebendiges sich tot stellt
Totes unsere Denkfelder bevölkert?
Und dennoch – jetzt wo ich wieder lebe
Wie schön ist es, nach Luft zu schnappen
Zu lachen, zu weinen, nach zu denken
Schlaflose Nächte wieder zu leiden.
Ich zog aus dem Schlafzimmer
Für eine Nacht ins Wohnzimmer
Wachte um vier auf und las deine WhatsAppnachricht
Come back, I miss you!
– Che Chidi Chukwumerije
WANDERLUST
Meine Lust
Wandert
Von Frust zu Frust
Zieh mir das Hemd hoch
Und küss kühl meine Haut
Hol mich langsam runter
Schenk mir Frieden, Hoffnung, Trost
Meine Lust
Wandert
Von Brust zu Brust.
– Che Chidi Chukwumerije.