PROGRESSION

Abstand ist besser als unechte Nähe.
Was ich weiß, ist anders als was ich sehe.
Jedes Mal, wenn ich mich umdrehe,
sieht die Vergangenheit anders aus.
Zu denken, das war mal mein Zuhaus,
sonderbar. Gut, daß uns die Gegenwart fern
und immer ferner wegzieht vom Gestern.

Che Chidi Chukwumerije
Im Jahrzehnt der deutschen Dichtung

DAS UNVOLLENDETE IST IMMER GEGENWÄRTIG

Die Gegenwart ist Dir immer modern,
so war es auch in Zeiten alt und fern.
Nie war es wichtiger als in diesem Moment
zu weilen treu in Deinem Element,
auszuleben intensiv Dein tiefstes Talent.

Als ich diese Worte schrieb, heute früh,
waren sie neu. Jetzt am Abend, deja vu,
wiederholen sie sich, den morgigen gleichwertig.
Das Unvollendete ist immer gegenwärtig -
Unsere uralte Geschichte ist noch nicht fertig.

Che Chidi Chukwumerije
Im Jahrzehnt der Deutschen Dichtung

DAS ALTE LOSLASSEN

Egal wo Du herkommst
wenn Du ankommst
musst Du das Alte loslassen
das Neue zulassen

Liebe
Arbeit
Reinkarnation
Nation

Ausdrücken kann ich das nur aus dem Bauch:
Daß nicht nur meine Vergangenheit in mir lebt,
sondern unsere gemeinsame Zukunft auch,
die sich aus dieser Gegenwart erhebt.

Che Chidi Chukwumerije
Im Jahrzehnt der Deutschen Dichtung

MENSCHELN ÜBERALL

Wo auf Erden hast Du noch nie
die Menschheit getroffen?
Nirgendwo. Wir menscheln überall,
träumen, zweifeln und hoffen,
lieben, hassen, lachen, neiden und lassen,
und treffen reinkarniert immer wieder mal
Dinge, die wir längst vergaßen.

Che Chidi Chukwumerije
Im Jahrzehnt der Deutschen Dichtung

KEIN TAG OHNE SCHÖNHEIT

Der Zug fährt ab
und fernab der Gegenwart
kommt er im selben Moment an.
Alles ist immer Gegenwart.

Herzen berühren ist schön
Herzen brechen ist schön
Herzen begegnen ist schön
Herzen verlassen ist schön

Nur, mach es in der Gegenwart
Heb es nicht für morgen auf -
Ein Tag ohne Schönheit
ist ein Tag vertan

Ob Schmerz, ob Genuss,
ob Freude, ob Verlust,
es ist alles schön
wenn der Geist daran wächst.

Che Chidi Chukwumerije
Im Jahrzehnt der Deutschen Dichtung

FERN VON GESTERN

Ein langer Weg trennt mich vom letzten Jahr.
Seltsam, es war ja erst gestern -
Doch die Nacht, der Schlaf, die tausend Träume
zwischen den Mitternachtsglocken und dem Morgenstern
waren eine riesengroße weitenumspannende Brücke,
ein großer steinerner Bogen, über den ich schritt
wie ein Reisender auf der Suche nach Klarheit und Glücke
von Gipfel zu Gipfel sich tapfer durchkämpft
über Täler und Schluchten und tiefe, weite Klüfte
stets die Gegenwart sucht. Gestern war vor tausend Jahren,
letztes Jahr ist vergangen. Seelenfenster auf! Ich lüfte!

Che Chidi Chukwumerije
Im Jahrzehnt der Deutschen Dichtung

HIER, JETZT, IN DER GEGENWART

Der größter Streich der Zukunft
Besteht darin, uns glauben zu lassen,
Sie befindet sich in der Zukunft,
Obwohl sie hier ist, jetzt, in der Gegenwart.

Die größte Tarnung der Vergangenheit
Ist eben das Antäuschen des Vergangen-seins.
Sie ist aber hier, jetzt, in der Gegenwart;
Sie ist nicht in der Vergangenheit zurück geblieben.

Denn Zeit existiert nur einmalig
Und zwar hier, jetzt, in der Gegenwart.
Was ich heute habe, in diesem Moment,
Ist alles, was ich habe.

Und hier, jetzt, in der Gegenwart
Ist dieser Gedanke, Hülle einer Empfindung,
Ist dieses Gedicht, Ausdruck einer Erkenntnis,
Ist dieser Mensch, Träger eines ewigen Dranges.

Che Chidi Chukwumerije
Im Jahrzehnt der Deutschen Dichtung

ANDERE BILDER

Ich sehe Bilder
Ich weiß nicht, wo sie herkommen
Die einen meinen, aus der Vergangenheit
Die anderen sagen, aus der Zukunft
Merkwürdig
Denn ich lebe doch nur in der Gegenwart

Falls die Bilder aus der Vergangenheit kommen
War es schonmal schöner auf diesem Planeten
Falls die Bilder aus der Zukunft stammen
Wird es einst viel schöner auf diesem Planeten sein
Ungewiss ist nur die Gegenwart.

Che Chidi Chukwumerije
Im Jahrzehnt der Deutschen Dichtung

IN DER GEGENWART

Ich lebe in der Gegenwart
Und habe ihn nie verlassen
Such mich in der Vergangenheit nicht
Ich habe dort nie gelebt
Du würdest mich verpassen.

Immer lebte ich in der Gegenwart
Erreichte niemals die Zukunft
Ich bin Zuhause in der Reise
Und die Reise ist die Gegenwart
Ist ständig Ausbruch, Erleben, Ankunft.

Che Chidi Chukwumerije
Im Jahrzehnt der Deutschen Dichtung

ZUKUNFTSSCHMIEDE

Wüsstest Du, daß wir Magier sind?
Jeden Augenblick zaubern wir Neues hervor:
Die Zukunft.

Und das können wir bis in alle Ewigkeit tun In Neuland hinein reisen, findend
jeden Augenblick eine neue Ankunft

Jeder Augenblick eine neue Herkunft
Über Deinen Weg gibt allein Deine Sehnsucht
wahre Auskunft.

Che Chidi Chukwumerije
Im Jahrzehnt der Deutschen Dichtung