Wir sind nicht dumm. Diesen Satz versteht Ihr Noch nicht. Wir sind nicht stumm. Unser Gerede versteht Ihr Nur nicht. Wir sind nicht krumm. Euer Spiegelbild versteht Ihr Nun nicht. Warum versteht Ihr uns nicht? Es spricht sich herum - Summa Summarum Habt Ihr dazu nicht den Mumm. Darum versteht Ihr uns nicht. Che Chidi Chukwumerije Im Jahrzehnt der Deutschen Dichtung
GEHEIMNIS
DER VERSCHLOSSENE WALD
Sie hat gelernt, daß Schweigen schützt; Das Schweigen der Bäume, in mitten deren - ne, dessen - sie sitzt, das sie vom Überflüssigen abschirmt, das ihr Sinnen unterstützt, und das ihr nur das enthüllt, was ihrem Heilen nützt. Tausend Erinnerungen pro Empfindung - Selbst die kleinste davon preiszugeben ohne sich selbst und anderen vorher zu vergeben kostet sie Überwindung. Sie hat gelernt schweigend zu geniessen, schweigend ihren Wald zu verschließen. Che Chidi Chukwumerije Im Jahrzehnt der Deutschen Dichtung
WISSEN OHNE ZU WISSEN
All die Geheimnisse, die wir nie wissen werden… All die Geheimnisse, die wir nie verraten werden… Wissen ist Macht Unwissen ist mächtiger… Er läßt sie glücklich sein Sie läßt ihn glücklich sein Glück geteilt ist Glück verdoppelt. Ich kratze Deinen Rücken Du kratzt meinen Rücken Ich sehe Deinen Rücken Du siehst meinen Rücken Ich decke Deinen Rücken Du deckst meinen Rücken. Rücksicht. Che Chidi Chukwumerije Im Jahrzehnt der Deutschen Dichtung
VERSCHWEIGEN
Schweigen
Ein Gefäß, versprochen
Ohne Zeugen
Ungelesen, ungebrochen
Manche forschen
In alten Schriften
Manche in Pyramiden
In Ägypten
Abhörgeräte
Überall
In allen unseren Geräten
Auch im Weltall
Doch intimstes Wissen
Wurde nie niedergeschrieben
Tiefste Geheimnisse
Persönlich verblieben
Nur kurz aufgewühlt
Geschwind runtergekühlt
Und dann in Schweigen
Ewig eingehüllt.
– Che Chidi Chukwumerije.
2019: Das Jahr der deutschen Dichtung
DIE GESCHICHTE EINER LETZTEN FREIEN NACHT
Laut und versaut
Ist die Braut
Und wurde mit ihrer Einwilligung
In der Nacht gebraucht
Getarnt, von ihrer Maske beraubt
Lautlos geklaut
Und zum Schlachthof gebracht
Jenseits ihrer Grenze
Und mitten in der Party lachend entfacht
Von tausend Gedanken gehalten
Im Schach.
Dort hat sie die letzte Nacht verbracht
Denn das war Brauch
Und am nächsten Tag wurde sie wieder
Maskiert unter lautem Jubel getraut
Ein bitterer Nachgeschmack verstaut im Bauch
Nüchtern und schüchtern
Ob möglich keimender Gerüchte
Ein Geheimnis eingebaut in ihr Leben
Fürs Leben.
Keiner hat‘s durchschaut
Aber sie war allen vertraut
Denn laut und versaut
War die Braut.
– Che Chidi Chukwumerije
2019: Das Jahr der deutschen Dichtung
AFFÄRE
Ich habe sie beim Flirten beobachtet
Immer, wenn keiner zuschaute
Schauten sie einander an…
Wie ein schneller Sommertag
Im Winter –
Und wenn keiner da war
Waren sie schnell für und miteinander da
Kurze Berührungen
Zufällig gestreift ein Körper den anderen… –
Und wie ihre Augen heftigst
Miteinander redeten, intensiv…
Die ganze Zeit.
Ein Kellner sieht vieles.
– Che Chidi Chukwumerije.
2019: Jahr der deutschen Dichtung
BEGEGNUNGEN
Tröpfchenweise
Unauffällig, leise
Wie Saat auf weiche Erde
Ohne Erwartung, ohne Beschwerde
Erwachsen, nachdenklich
Zurückhaltend, menschlich
Wie Antworten auf Fragen nach anders sein
Fallen neue Menschen in mein Leben ein.
– Che Chidi Chukwumerije.
