WAFFEN

Todesbringer, als wären
sie oberflächliche Grüße an die Gruft,
fliegen flippant durch die Luft
zu Freund und Feind ohne zurückzukehren.
Diese Grüße sind ernst gemeint.
Todernst. Waffen teuer verkauft.
Menschenleben mit Feuer getauft,
billig in Kauf genommen. Schweigen weint.
Sterben hat nun mehr Wert als Leben.
Marktwert. Der Höchstanbieter
des Todes krönt sich zum Lebensgebieter.
Wer wird uns dieses Zeitalter vergeben?

Che Chidi Chukwumerije
Im Jahrzehnt der Deutschen Dichtung

KOPFSCHUSS

Ein Kopfschuss wird heute manchen umbringen.
Anderen dringt die Kugel in die Niere ein,
es könnte aber auch die schreiende Lunge sein
oder das Rückenmark. Dem Herz wird‘s gelingen

ein letztes Gedicht über die Liebe und den Frieden
in den schmerzverzerrten Augen zu lesen -
Alles, was es auf Erden beinahe wäre gewesen -
dann verlässt es die Erde für alle Ewigkeit.

Che Chidi Chukwumerije
Im Jahrzehnt der Deutschen Dichtung

AUSSICHT

Bricht bald
Gewalt
Über uns ein?
Bald bricht
Unter uns
Verzicht
Auf Rücksicht
Vollends ein.

Danach –
Nach Ach und Krach –
Bricht Rücksicht
Umsicht
Einsicht ein
Und Zuversicht neu
Zum Licht.

Jetzt herrscht Vorsicht
Und Unsicherheit –
Alle sind verunsichert.

Che Chidi Chukwumerije
2019: Das Jahr der deutschen Dichtung

SCHLAG MICH

Unzählige Flügelschläge
Umschwärmten meinen Kopf
Meine Haare sind nicht meine Haare
Meine Gedanken sind mein Schopf
Aus dem Herd heraus brodele
Ich, Eintopf.

Die Einsamkeit übersetzte
Die Sprache deiner Abwesenheit
Unzählige Flügelschläge
Doch kein Schwarm weit und breit –
Schlägt dein Herz für viele
Und sagen mir die Flügel Bescheid?

Mein Platz in deiner Innenwelt
Nimmt äußerlich Gestalt
Ich verzichtete auf die Hülle
Nahm gefangen mir den Inhalt
Deine Schläge überzeugen mich
Du bist in meiner Gewalt.

– Che Chidi Chukwumerije 

DAS LEIDEN WIRD UNS LEHRER SEIN

Was sagen uns die Zeiten?

Einst hatten wir mehr Haß als wirksame Mitteln, um den Haß so zum Ausdruck zu bringen, daß der daraus entstandene Schaden nicht überschaubar blieb.

Grosser Hass [H] x kleinwirksame Waffen [w] = überschaubare Schaden [s]

H x w = s

Seit der industriellen Revolution allerdings erfindet und produziert die Menschheit mit stets zunehmender Geschwindigkeit analog ihrem technologischen Fortschritt Waffen und Waffensysteme immer tödlicherer Art in scheinbar unendenden Mengen. Heute leben wir in Zeiten, in denen der Haß auf Waffen zu greifen kann, die in der Auswirkung die Umwandlung des Hasses in Schaden bisher ungeahnter Proportionen ermöglichen. Tendenz steigend.

In den USA werden gefühlt mittlerweile beinahe alle Auseinandersetzungen und Ressentiments einzig mittels AR-17s und Ähnliches angegangen. In der sogenannten dritten Welt streben autoritäre Regimen lieber den Ankauf von Panzern und Kampfflugzeugen an, als in den Bau von Infrastrukturen und in die Forderung des Erfindergeistes Geld und Kräfte zu investieren. Der Westen und der Rest der sogennanten entwickelten Welt rüstet sich eifrig für den Krieg, verkauft gleichzeitig nebenbei ihre auslaufenden Waffenmodelen an jeden, der das Geld dafür bereit stellt. Nord Korea, Iran  – und wer weiß noch wer alle – wollen unbedingt ihre Atomwaffen haben (und werden sie wahrscheinlich irgendwann auch kriegen). Die Djihadisten und Terroristen – bewaffnet mit nicht nur Bomben und Gewehren, sondern auch mit dem Wissen, wie man sie baut, und neuerdings auch bewaffnet mit LKWs, mit der grössten Herzlosigkeit. Die Welt platzt aus allen Nahten mit Waffen der Massenvernichtung – bio, chems, nukes, & SMGs baby und und und.

Grosser Hass [H] x grosswirksame Waffen [W] = grosser Schaden [S]

H x W = S

Es gibt daher für die Menschheit nur die eine Lösung zu dieser grausamen Gleichung, wenn sie sich selbst nicht in der Zukunft vollständig auslöschen möchte und den Planeten dazu auch ernsthaft schaden: Der Höhenflug der Technik muß mit einem entsprechenden Abbau des Hasses und der destruktiven Angriffslust ausgeglichen werden. Technologischer Fortschritt darf das humanitäre geistige Reifen nicht hinter sich lassen. Oder, auf gut Lennonmccartneyerisch gesagt “All you need is love”.

Je unrealistischer und kindischer der Begriff “Liebe” in Anbetracht des herrschenden Zynismus von Gewalt, Herrschlust und Haß zu sein scheint, umso dringender, umso zwingender wird ihre Notwendigkeit als einzig mögliche Retterin der Menschheit im Verlauf ihrer technologischen Weiterentwickelung. Nur die Empfindung kann den Verstand sinnvoll lenken. Das Herz wird den Kopf retten.

Aus dem H soll ein L werden. Dann ist es egal, wofür das W steht – ob für Waffen oder für Wissenschaft. Es wird stets mit Weisheit gelebt. Weisheit, um das S ins Positiv zu umwandeln, das auf der anderen Seite der Gleichung auf uns wartet – nämlich: unser Schicksal.

 – Che Chidi Chukwumerije.

.http://www.youtube.com/watch?v=t5ze_e4R9QY

GEWALT UND GEFÜHL

Man sagt
Es stolpert im Wald ein Geist herum
Freund der Tiere, Sohn der Natur
Ein Typ mit wilden Haaren und scheuen Augen
Und einer längst vergessenen Geschichte.

Nur eine
Hat noch nicht vergessen
Politik und Entwicklung haben ihr die Vergangenheit
Nicht weg radiert
Je ferner in die Zukunft die Welt rast
Desto tiefer sinken ihre Wurzeln in das Vergangene hinein.

Es sind kleine Dinge
Die sich an ihn erinnern lassen
Kleine Laute in der Natur, ohne Körper und Ziel
Schatten im Wald, flüchtige Bewegungen.
Sie guckt hinein, sieht nichts, nur Dunkel
Spürt jedoch seine Augen, wild und scheu
Und voller Angst…

Mütter, die ihre Söhne verloren haben
Schwestern, die ihre Brüder verloren haben
Töchter, die ihre Väter verloren haben
Frauen, die ihre Männer verloren haben
Mädchen, die ihre Geliebten verloren haben
Verloren aber nie vergessen.

– CHE CHIDI CHUKWUMERIJE.