Ich schweige Jedes Mal Wenn ich zum Schrift greife Oder was denkt Ihr denn? Ich zeig Euch mein Herz? Einfach so? Wenn ich es Euch zeige würde Was hätte ich dann noch übrig Für mich? Che Chidi Chukwumerije Im Jahrzehnt der Deutschen Dichtung
Ich
ALLES IST DRIN
Ich lebe in einer Welt in der ich nicht existiere Und existiere in einer Welt in der ich nicht lebe Und keine von beiden ist mein Zuhause Ich gehe Wege, die ich nicht kenne und kenne Wege, die ich nicht gehe Keiner von beiden ist mein Weg Ich bin mein Zuhause Ich bin mein Weg Alles, was ich mache, passt. Che Chidi Chukwumerije Im Jahrzehnt der Deutschen Dichtung
UNERFÜLLT
Ich muss allerdings gestehen Es fällt mir heute nichts ein Ich habe nichts Neues gesehen War den ganzen Tag allein Nicht ich der Mensch äußerer Gesichter - Sondern ich der innere Dichter. Wie ein Ich in meinem Ich saß ich Und sah mich vieles machen Manchmal ernst, manchmal spaßig Unterwegs mit meinen sieben Sachen - Und ich merkte nicht, daß ich mich beobachtete, Bis der Abend dämmerte und ich erwachte. So wenig leben wir, während wir leben, Das lebendige Ich versteckt sich. So wenig geben wir, wenn wir geben. Das lebendige Ich entdeckt sich erst am Ende seiner langen Lebensreise - Ein Junge unerfüllt im sterbenden Greise. - Che Chidi Chukwumerije Im Jahrzehnt der Deutschen Dichtung
SPIEGELVERKEHRT
Hast Du jemals Dich gefunden?
Hast Du Dich wieder erkannt?
Oder warst Du von Dir überrascht?
Und hast Dich mit anderem Namen genannt?
Oder doch mit Deinem. Denn mit Fremdem
bist Du innerlich tief verwandt.
– Che Chidi Chukwumerije
Im Jahrzehnt der Deutschen Dichtung
DAS ANDERE UFER
Silbrig wie ein Spiegel
lag und lauschte der Fluß da
regungslos wie ein unerfüllter Traum
verschwand er in die Ferne
und war immer noch da
Eine Nebelwolke schwamm über das Wasser
wie eine Armee von Laufboten
nur verstand ich ihr Geflüster nicht
bis sie seufzend sich löste und ich sah
auf dem anderen Ufer mein zweites Ich.
Ich sprach zu mir
doch ich hörte mich nicht
von der anderen Seite des Flusses –
Wir starrten uns wortlos an, ich und ich,
getrennt durch unerfüllte Träume.
– Che Chidi Chukwumerije
Im Jahrzehnt der Deutschen Dichtung
DIE SELBEN AKTEURE
Was hat ein Politiker
in der Welt der Poesie zu suchen?
Dichter erzählen ja für gewöhnlich die nackte Wahrheit.
Was hat ein Musiker
in der Welt der Wirtschaft zu suchen?
Ökonomen interessieren sich für Dein Geld,
nicht für Deine Seele.
Was hat der Otto Normalbürger
In der Welt von Entscheidungsträgern zu suchen?
Sie denken
Sie hören ja nur auf Lobbyisten.
Bis ich genauer hinsah
und sah: Es war die ganze Zeit
der selbe Mensch, mal im Anzug,
mal in Jogginghose, mal als Frau, mal als Mann,
Mal als Ausländer, mal als Einheimischer,
Mal als Wahrhaftiger, mal als Lügner.
Ich sah die ganze Gesellschaft in Dir
Und Dich in jedem Fremden auf der Straße.
Und die Stadt war mir vertraut.
– Che Chidi Chukwumerije
Im Jahrzehnt der Deutschen Dichtung
DAS UNENTBEHRLICHE IN MIR
Gerissen, zwischen mir und mir
Gewissen, Du bist die Stimme von welchem Ich?
Also wende ich mich ab von Dir
Und ich verliere prompt den einen Mich
Seine Stimme warst Du wohl
Denn das andere Ich fühlt sich jetzt hohl
Schreit laut nach meinem wahren Ich.
– Che Chidi Chukwumerije
Im Jahrzehnt der Deutschen Dichtung
SELBSTGESPRÄCHE MIT DER INNEREN STIMME
Nach dem
kein Sieg ewig blieb
der mich häutig rieb
Nach dem
jeder mich verließ
der einst war mir Paradies
Nach dem
ich mitten in Geborgenheit
und Liebe erlebte tiefe Einsamkeit
habe ich gelernt
das abendliche Gespräch zu schätzen
mit mir selbst, von der Welt entfernt.
Der mich nie verlassen noch verletzen
noch fallen lassen wird,
mit mir lebt und liebt und leidet und stirbt.
– Che Chidi Chukwumerije
Im Jahrzehnt der deutschen Dichtung
LEBEND-ICH
Wie kann ein Leben
So viele Leben
Unterschiedliche Leben
Verschiedenartige Leben
In sich beinhalten?
Ein Leben
Ist niemals ein Leben
Ist vielmals einleben
In ein Erlebnis nach dem anderen
Ausleben und überleben
Leben ist erleben.
Ich war da, in meiner Kindheit
Ich war da, in meiner Jugend
Ich war da, in tausend Realitäten
Die sich alle von einander unterscheiden.
Was ist ein “Ich”?
Ein Etwas, das tausend Leben
In einem Leben und ein Leben
In tausend Leben durchlebt,
Sich verändert und unverändert bleibt.
– Che Chidi Chukwumerije
2019: Das Jahr der deutschen Dichtung
DIE ICH-GRENZE
Die Ich-Sonne
Im Zentrum des Ich-Sonnensystems
In mitten der Ich-Galaxie
Im Herzen des Ich-Universums
Diese Ich-Sterne
Mit nach Intern gerichteter Schwerkraft
Verbiegen die Aussicht aufs Externe
Beziehen alles auf die eigene Eigenschaft
Es fällt ihnen schwer
Zu begreifen, zu akzeptieren, zu glauben,
Daß manche Menschen einfach mehr
Können, als sie selber vermögen.
Ich-All
Ist nimmer Licht-All.
Ergo: Egotrip, der Ich-Knall
Ist eher Dimmer des Licht-Alls,
Et al, et al.
– Che Chidi Chukwumerije
2019: Das Jahr der deutschen Dichtung