HERZ-KOPF-INTERNET

Ich stieg heute
kurz
aus meinem Geist
in meinen Verstand und merkte sogleich
daß der Kopf Jahrelang Pläne gemacht hat
die keinerlei Bezug hatten
zu dem tatsächlichen Verlangen in der Seele.

Das Gehirn ist so realitätsfern.
Hat keine Ahnung, was im Herzen los ist.
Was ich wirklich will
Wer ich wirklich bin
Tief in mir

Wie zwei Menschen
in zwei unterschiedlichen Ländern
ohne Internetverbindung.

Che Chidi Chukwumerije
Im Jahrzehnt der Deutschen Dichtung

SCHÄTZE

Ein fernes Land ist irgendjemandem nah,
sagen die Igbo, ein fernes Volk.
Dein häufigster Gedanke ist jemandem rar –
ihn zu denken, wäre ihm ein Erfolg.

Lärmig ist die Welt geworden,
bunt, gesprächig und digitalisiert.
Teurer ist Deine innere Stimme geworden –
Wann hast Du sie zuletzt gehört?

Che Chidi Chukwumerije
Im Jahrzehnt der Deutschen Dichtung

NACHTSTIMMEN

Ich höre Stimmen in der Nacht…
Das Murmeln des Regens
Das Lachen meiner Freunde
Das Singen von Musik
sind nicht die Stimmen, die ich höre…
Nein. sie sind nur die begleitenden Chöre
der Stimmen der Nacht.

Che Chidi Chukwumerije
Im Jahrzehnt der Deutschen Dichtung

FLUGZEIT

Wie tief ist das Loch
in dem wir seit der Geburt fallen?
Und fallen und fallen
und fallen und fallen –
Zwischen dessen grauen Wänden
unsere Träume hallen und nachhallen?
Die Echoes, wenn sie uns erreichen,
siehe, die sind scharfe Krallen!
Und wir fallen und fallen
und fallen und fallen
Bis zum Moment, an dem
wir gegen die Erkenntnis prallen,
daß wir die ganze Zeit Flügel hatten…
kurz bevor wir auf den Boden knallen!!
Oder nicht.
Spannt Eure Schwingen, hebt ab –
Adler. Tauben. Raben. Rallen.

Che Chidi Chukwumerije
Im Jahrzehnt der Deutschen Dichtung

EINMAL TÄGLICH LEBEN

Ich fange mehr Gedanken täglich
als ich nächtlich verarbeiten kann
Und lebe mehr Träume nächtlich
Als ich täglich ausleben kann
Und lIebe mehr Menschen in diesem Leben
als in all den anderen Leben zuvor je tat –
Irgendwas treibt mich an, ich weiß nicht wer
oder was, täglich zu einer guten Tat.

Ein Gedicht reicht nicht
Mildtätigkeit ist nur die halbe Meile
Ein Lächeln ist gut
Und dennoch ist es nicht gut genug…
Nicht die äußere Tat ist an sich die gute Tat
sondern die innere Befehlskette:
Mindestens einmal täglich muß ich den Mut haben,
auf meine innere Stimme zu hören.

Che Chidi Chukwumerije
Im Jahrzehnt der Deutschen Dichtung

HÖREN

Mein Kopfhörer
Ein Störer
Wo ist mein Herzhörer?

Che Chidi Chukwumerije
Im Jahrzehnt der deutschen Dichtung

ALLES IST POETISCH

Alles ist poetisch
wenn Du genau hinhörst
nach Innen gehst
leise wirst und nicht störst
im Widerhallhall der Götterstimmen
denen Du gehörst
wo Du nachsagend Freude singst
Schmerz trinkst, Treue schwörst
und zu Deinem Ich wirst –
Da wo sich im Dunkel und im Licht
alle Deine tiefsten Entscheidungen keimen.

Wenn Du dadrinnen bist
wirst Du leise sehen
daß der Zufall nichts macht
überhaupt aus Versehen
Die Spinnweben des Schicksals
erfassen jedes Vergehen
und die guten Absichten, die
manchmal auch dahinter stehen
und weben Dir im Handumdrehen
alles geschickt zu Deinem Lebensgedicht –
denn es wird sich zum Schluß alles reimen.

Che Chidi Chukwumerije
Im Jahrzehnt der deutschen Dichtung

SELBSTGESPRÄCHE MIT DER INNEREN STIMME

Nach dem
kein Sieg ewig blieb
der mich häutig rieb

Nach dem
jeder mich verließ
der einst war mir Paradies

Nach dem
ich mitten in Geborgenheit
und Liebe erlebte tiefe Einsamkeit

habe ich gelernt
das abendliche Gespräch zu schätzen
mit mir selbst, von der Welt entfernt.
Der mich nie verlassen noch verletzen
noch fallen lassen wird,
mit mir lebt und liebt und leidet und stirbt.

Che Chidi Chukwumerije
Im Jahrzehnt der deutschen Dichtung

DIE SPRACHE DER FREMDEN

Frag mich nicht warum
Darum liebe ich die deutsche Sprache
Sie ist unerklärlicherweise
Die Aussprache meiner inneren Stimme.

Che Chidi Chukwumerije (25.01.2020)
Im Jahrzehnt der deutschen Dichtung
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FLÜSTERN

Flüstern
Damit unsere Gedanken nicht hören
Was unsere Empfindungen schwören
Damit unsere Gedanken nicht stören

Flüstern
Damit unser Verstand nicht laut auffängt
Was unser Geist leise empfängt
Damit der Kopf den Geist nicht bedrängt

Flüstern
Weil immer wenn die Schöpfung schweigt
Die Natur dann zum Enthüllen neigt
Irgendwas, was sich nicht gerne zeigt

Weil Geheimnisse nur leise singen
Wenn sie singen von schönsten Dingen
Die zärtlich nur ins Intimste eindringen,
Flüstern.

Che Chidi Chukwumerije (18.01.2020)
Im Jahrzehnt der deutschen Dichtung
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