GRENZLICH

Grenzen
machen Menschen
Menschen
machen Grenzen
Grenzen
machen Menschen.

Che Chidi Chukwumerije
Im Jahrzehnt der deutschen Dichtung

FEHLER MACHEN MENSCHEN

Ein Fehler ist es,
keinen Fehler zu machen –
Kein Fehler ist es,
einen Fehler zu machen
und darüber zu lachen,
zu lernen und aufzuwachen.

Menschen machen Fehler,
wenn sie wirklich leben wollen;
und Fehler machen Menschen
zu dem, was sie sein sollen.

Che Chidi Chukwumerije
Im Jahrzehnt der deutschen Dichtung

ALS MENSCHEN TREFFEN

Wo können wir uns noch als Menschen treffen?
Nicht als Spiegelbilder und Verteidiger der Interessen
von Nationen, Kulturen, Völkern, Ethnien, Rassen,
Religionen, Gendern, Orientierungen, Ständen, Klassen,
sondern einfach als Menschen.
Höher als alle diese Identitäten.

Verbarrikadiert im Grabenkampf der Identitäten,
verloren wie Amnesiekranken in Gruppen-Rivalitäten,
gibt es nur noch wenige die für das kämpfen,
was wir tatsächlich im Grunde alle sind: Menschen.

Che Chidi Chukwumerije
Im Jahrzehnt der Deutschen Dichtung

VON BÄUMEN LERNEN

Der Baum stand da
Als wäre er nicht da
Und war für alle da

Der Mensch stand da
Als wäre er wirklich da
Und war für niemand da

Nur für sich selbst.

Che Chidi Chukwumerije
Im Jahrzehnt der Deutschen Dichtung

AMEISEN

Ameisen.
Irgendwie ein guter Vergleich.
Menschen mit Ameisen.
Herumkrabbler im Erdreich.
Nur scheint bei ihnen
mehr Harmonie zu sein -
bei Ameisen, bei Bienen,
alle Tiere haben das gemein.

Ich glaube nicht, daß wir Tiere sind -
sonst herrschte bei uns mehr Harmonie.
Aber sind wir Menschen? … Ich find
wenig Menschliches in unsrer Disharmonie.

Che Chidi Chukwumerije
Im Jahrzehnt der Deutschen Dichtung

VERSUCH ES

Versuch es -
Begegne dem Fremden
als würdest Du einem Menschen
begegnen.

Versuch es -
Begegne einem Menschen
als würdest Du einem Fremden
begegnen.

Wie Du in den Wald hinein rufst
so schallt es wieder heraus.
Nah oder fern, bist Du unter
Menschen, bist Du zu Haus.

Che Chidi Chukwumerije
Im Jahrzehnt der Deutschen Dichtung

NATURTRIEB

Das Tier stand und mit stetem Blick
beobachtete den Menschen im Wald,
sah kommentarlos seine Ungeschick,
registrierte still, wie er dann bald
sein Vorhaben erreichte mit seiner Technik.

Ich habe klug mit Geschick und Elan
diesen Wald ins Geld verwandelt,
dachte der Mensch. Das Tier nebenan
dachte, wer so dumm und krass handelt,
hat keinen Platz in der Natur Zukunftsplan.

Der Mensch ging und das Tier blieb,
wie zwischen Herz und Kopf eine Kluft,
aus der sich heraus jeder Dichter je schrieb,
und die Frage hing weiter in der Luft:
Wie zeigt sich der wirkliche Naturtrieb?

Che Chidi Chukwumerije
Im Jahrzehnt der Deutschen Dichtung

BÜCHER OHNE ENDE GELESEN

Bücher ohne Ende gelesen
Doch kein Buch so tief wie eine Menschenseele.

Filme ohne Ende gesehen
Doch kein Film so reich wie ein Menschengeist.

Immer wenn sich mir ein Mensch öffnet,
flüstert meine Seele: ja, weiter, erzähle!

Ich verstehe Deine Geheimnisse besser
Als alles, was mir die sichtbare Welt beweist.

Che Chidi Chukwumerije
Im Jahrzehnt der Deutschen Dichtung

GEFANGEN IM VERLANGEN

Mein Tag hatte mehr Menschen als Minuten
Aber ich konnte sie trotzdem alle lesen
Mehr Gedanken als Sekunden
Doch ich bin immer in der Gegenwart gewesen
Und ich habe sie alle gefangen.

Es wurde gelacht und nachgedacht
Und es gab nicht genug Stunden
Die Menschen waren wie Flugblätter,
Informativ, überall habe ich sie gefunden,
Gelesen, aber sie stillten nicht mein Verlangen.

Che Chidi Chukwumerije
Im Jahrzehnt der Deutschen Dichtung

WIR VERGESSEN UNS SELBST

Menschen vergessen oft,
daß es Menschen sind, mit denen sie reden -
Fremde ist nur ein anderes Wort für Menschen.

Menschen vergessen oft,
in ihrer Sehnsucht & ihrem Streben nach Eden,
worum es geht: nicht um Regeln, sondern um Menschen.

Politik, Kultur, Systeme sind nicht so wichtig
wie lebendige Menschengeister, einen jeden -
das vergessen oft Menschen.

Che Chidi Chukwumerije
Im Jahrzehnt der Deutschen Dichtung