Zu denken, daß Du das Recht hast, anderen ihre Freude weg zu schämen… Zu glauben, daß Du die Macht hast, anderen ihre Freiheit weg zu nehmen… Zu träumen, daß Du die Aufgabe hast, andere zu brechen, zu töten, zu lähmen… Du spürst nicht wie er wächst, der globale Widerstand … Von Kultur zu Kultur wächst, von Land zu Land … Menschsein mit Verstand und Geist, mit Herz und Hand. Che Chidi Chukwumerije Im Jahrzehnt der deutschen Dichtung
Menschentum
DIE MENSCHLICHKEIT SCHÜTZEN
Es muss schwer sein menschlich zu sein, sonst gäbe es nicht so viel Rassismus unter uns, Menschen. Sonst gäbe es nicht so viel Volk-Egoismus. Es muss schwer sein menschlich zu sein, sonst gäbe es kein Herrenmenschentum unter uns, Menschen. Sonst gälte die Würde eines Menschen nicht als eines einzelnen Volkes Eigentum. Und von Generation zu Generation müssen wir die Menschlichkeit vor Menschen schützen, die nur als Rasse, als Volk, als Nation agieren - mit Sucht nach Herrlichkeit, Raum und Macht ergreifend mit Hässlichkeit - aber nicht als Menschen. Che Chidi Chukwumerije Im Jahrzehnt der Deutschen Dichtung
WELCHE FARBE HAT DAS MENSCHSEIN NICHT?
Der Tag, an dem ich anfing, über meine Hautfarbe zu reden und zu schreiben, war der Tag, an dem ich mich aus dem Menschsein herausdrängen ließ.
Der Tag, an dem ich aufhöre, über meine Hautfarbe zu reden und zu schreiben, ist der Tag, an dem ich mich aus dem Menschsein herausdrängen lassen werde.
Der Tag, an dem ich anfange, über mein Menschentum zu schreiben und zu reden, ist der Tag, an dem ich meine Hautfarbe im Menschsein verselbstständige.
Der Tag, an dem ich aufhöre, über mein Menschentum zu schreiben und zu reden, oder es zu leben, ist der Tag an dem ich mich selbst aus dem Menschsein verabschiede.
Che Chidi Chukwumerije
WAS MEIN GEIST WILL
Manchmal bin ich so still
Ich weiß selber nicht
Was mein Geist will
Dann schreibe ich ein Gedicht
Wir machen so viel
Und machen es nicht publik
Das Leben ist kein Spiel
Kein Model, keine Politik
Es ist ein Schmerz, der sticht
Eine Sehnsucht nach Mehr
Eine Empfindung vom Dunkel und Licht
Eine Ewigkeit ohne Wiederkehr
Es ist täglich die Suche
Nach der Bedeutung von Gesellschaft
Es ist die unendlichen Versuche
Menschentum zu erheben über Bürgerschaft.
Che Chidi Chukwumerije
Im Jahrzehnt der Deutschen Dichtung
NORMAL MENSCHLICH
Die Nachbarn waren ihre einzige Freude nach dem Tode ihres Mannes, wussten es wohl, sprachen es nie aus, taten so als täten sie nichts Besonderes denn das ist das, was gute Menschen tun. Normal ist groß. Es gibt nichts Größeres. Die Nachbarn waren ihre einzigen Freunde nach dem Tod ihres Mannes. Che Chidi Chukwumerije Im Jahrzehnt der Deutschen Dichtung
RECHT AUF FEHLER
Siehst Du mich wirklich Als ebenbürtig und gleichwertig? Beweis es mir - Zeig mir, daß ich zu den selben Fehlern Wie Du gleichberechtigt bin. Verzeih mir und gestatte mir Meiner unvollkommenen Menschlichkeit. Che Chidi Chukwumerije Im Jahrzehnt der Deutschen Dichtung
MENSCHEN STATT HELDEN
Ich bleibe gern meinen Helden fern, oft sind sie groß nur aus der Ferne - Wir feiern einen fernen Stein als Mond, weil Distanz halten sich immer lohnt. Der Menschenstern, der da oben thront… Ist doch ein kleiner Mitmensch im Kern, den ich bei Begegnung kennen lerne. Che Chidi Chukwumerije Im Jahrzehnt der Deutschen Dichtung
LIEBE GEGEN HASS
Ich liebe Dich auch
wenn Du mich hasst
weil Du etwas hast
was ich brauch.
Du hast die Fähigkeit mich
an mich zu erinnern fast
gefangen im Bedürfnispalast
überfordert unterm Strich.
Bevor Du mich anhauchst
mit Deinem Gift aus Hass
denk daran daß
Du mich auch brauchst.
– Che Chidi Chukwumerije
Im Jahrzehnt der Deutschen Dichtung
EIN HAUCH VON HIMMEL
Sie war die eine Frau
Sein ganzes Leben lang
Die ihn nie begehrte
Sie war die eine Frau
Die durch ihre Haltung
Ihn Treue und Reinheit lehrte
Unter all den Menschen
Und all den Begegnungen
Die ihm das Leben je bescherte
War sie derjenige Mensch
Den er am tiefsten liebte
Und am ehrlichsten verehrte.
– Che Chidi Chukwumerije
Im Jahrzehnt der Deutschen Dichtung
HINTER DEN KULTUREN
Zugvögeln haben es weit
Doch nimmer so weit wie ich es hatte
Wo ich zu Euch her zog
Groß ist die Welt – und weit
Und Kulturen sind Wände
Hoch und hart, ohne Tür und Fenster
Doch genau so wie der Himmel
Kracht und lacht sein krummzackiges Lächeln
Aufgehellt für einen Augenblick
Gibt es in der Wand manchmal
Einen Riss, und ich schaute hinein
Und sah, überrascht, Menschen.
– Che Chidi Chukwumerije
2019: Das Jahr der deutschen Dichtung
