SCHÄTZE SCHÄTZEN

Schätze schätzen
Sätze mit Bedacht einsetzen
Auch gut gemeint kann verletzen
Beziehungen richtig einschätzen
Hassworte kann man nicht zurücksetzen.

Che Chidi Chukwumerije
Im Jahrzehnt der deutschen Dichtung

ICH SAGE NICHTS MEHR

Ich sage nichts mehr, sage ich
und habe somit unendlich mehr gesagt
als ich sagen sollte. Hätte ich
lieber schweigen sollen, als ich gefragt
wurde, was ich dazu sagen würde -
Jede Äußerung ist eine schwere Bürde
für jeden, der eine zu formulieren wagt.

Che Chidi Chukwumerije
Im Jahrzehnt der Deutschen Dichtung

UNNÖTIGE BRÜCKEN

Weil jeder Gedanke zurück kehrt,
schick nur Deine besten von Dir fort.
Weil Dein Wort Dich ehrt oder entehrt,
spürst Du in Deiner Empfindung sofort,
wenn Du es falsch verwenden hast
oder wenn es das Beste in Dir erfasst.

Ich sage nichts mehr,
was ich nicht unbedingt sagen muss.
Wüsste ich dies nur eher,
bliebe manch eine Begegnung beim Gruß
gefolgt von einem klaren Abschied
und, ungestört, meinem inneren Fried.

Che Chidi Chukwumerije
Im Jahrzehnt der Deutschen Dichtung

WIR LACHEN ZU VIEL

Wir lachen zu viel
über Sachen,
die viel zu wenig bedeuten -
Scheuen das denkende Alleinsein,
freuen uns über
Teilsein der verzweifelten Meuten,
die nicht wissen wollen,
was wir dabei missen. Denn
oberflächlicher Zugang zu den Leuten
macht uns innerlich einsam,
gleichsam diese Schmerzen
uns wechselwirkend rettend häuten.

Che Chidi Chukwumerije
Im Jahrzehnt der Deutschen Dichtung

MEINUNGSWECHSEL

Manchmal kämpfen
und töten in mir sich
Gedanken gegenseitig
erbitterter und gnadenloser
als die wildesten Raubtiere
in der Wildnis. Natur Mensch.

Manch eine Lieblingsansicht
von mir wurde nicht selten
in mir vor meinen entsetzten
inneren Augen erbarmungslos
aus dem Hinterhalt von einer
anderen plötzlich angegriffen

in die Enge getrieben
auf den Kopf gestellt
durchlöchert und durchgestochen
auseinandergenommen
lebendig gefressen und begraben
kalt ermordet.

Und ich konnte nichts dagegen tun.

Che Chidi Chukwumerije
Im Jahrzehnt der Deutschen Dichtung

WUNDE STUNDE

Es ist jene Stunde erneut
der Selbstliebe
des Selbsthasses
der gesteigerten Triebe
des inneren Kompasses
der Hoffnungssiebe
des Ich-Strafmaßes
der Traumdiebe
des neuen Anlasses
die Wunde zu lecken, unbereut.

Che Chidi Chukwumerije
Im Jahrzehnt der Deutschen Dichtung

NACHTRUHE

Ich mag ruhige Abende
an denen meine innigsten Gedanken
es sich aus ihrem Versteck wagen.
Heute Nacht werde ich erneut tanken.

Che Chidi Chukwumerije
Im Jahrzehnt der Deutschen Dichtung

ABENDGEDICHT

Die Falten der Bergrücken die ideenreichen
Stirnrunzeln einer müden Erde -
Die Abendsonne ein Fragezeichen
hing wie ein letzter Gedanke. Es werde
erst morgen wieder Licht,
machst Du aus der Nacht ein Gedicht,
spürst Du die Leichtigkeit im Lebensgewicht.

Che Chidi Chukwumerije
Im Jahrzehnt der Deutschen Dichtung

TRÄUMEN

Ich mag es -
ich sag es -
in der Nacht zu wachen
und dabei langsam aufzuwachen

Und wenn die Nacht genommen ist,
geritten ist und gekommen ist,
in den Tag, wie in einen Hafen,
wieder einzuschlafen.

- Che Chidi Chukwumerije
Im Jahrzehnt der Deutschen Dichtung

HINTER VERSCHLOSSENEN VORHÄNGEN

Ich öffne meine Seele
wenn ich meine Vorhänge schließe
Wenn keiner mich sieht
bin ich am sichtbarsten

Wenn ich verschlossen bin
bin ich am durchsichtigsten.
Nachts, wenn die Welt dunkel ist
sehe ich am klarsten.

Keine Stimmen trüben mich
Keine Augen bedrücken mich
Keine Gedanken belügen mich -
Da bin ich am Wahrsten.

- Che Chidi Chukwumerije
Im Jahrzehnt der Deutschen Dichtung