FEBRUAR SPAZIERGANG

Kalt, klar, karg der Tag
eisig braun der Erde
winterberuhigter Belag
mit dünnschichtiger Zierde

Winter will seine Zeit
Frühling drängt schon auch
Wolkengrau im Himmel breit
Tief grün in seinem Bauch

Bin ich Teil dieser Welt
oder Fremder auf Durchreise?
Wenn keiner ein Wort fällt
sind wir ähnlich leise

Bäume stehen menschengleich
schauen gleich, schweigen gleich
Wie so oft im Naturreich
außen hart, innen weich.

Che Chidi Chukwumerije
Im Jahrzehnt der Deutschen Dichtung

KLEBSTOFF

Lützerath Demo 14.01.2023 / & Fecher bleibt / FFM
Sie kleben
Plakate
Sich
Hoffnung
Wut
Angst
Entschlossenheit

Wände sind nicht groß genug
Straßen sind nicht laut genug

Herzen allein böten genug Platz
Für mehr als jeden kämpferischen Satz
Zum Schutz von jedem gesunden Schatz
Vom Fechenheimer Wald zu Lützerath.

Che Chidi Chukwumerije
Im Jahrzehnt der Deutschen Dichtung

WESEN UND WIR

Die Wesen, sie wohnen im Wald und Flur
Seit lange bevor die Menschen kamen;
Und Wald, Flur, Natur existiert alles nur,
Weil sie von den Wesen ihre Formen bekamen.

Sei es eine Pflanze oder sei es ein Gedanke,
Überall auf Erden wo es entsteht ein Samen,
Pflegen ihn die Wesen, erwarten kein Danke,
Denn sie tun es heimlich in Gottes Namen.

Unsichtbar und unwirklich sind nicht das Gleiche.
Die Wesen beweisen es allen einsamen
Spaziergängern inmitten im Naturreiche,
Denen sie spürbar immer nahekamen.

Che Chidi Chukwumerije
Im Jahrzehnt der Deutschen Dichtung

TREFFPUNKT: ZAUBER

Wo bist Du, Einwanderer?
Bist Du wirklich hier?
Oder bist Du noch dort,
wo Du hierher gekommen bist?
Denn keiner kommt wirklich an. Niemals.

Wo bist Du Auswanderer?
Haben die es dort kapiert,
wenn Du mit ihnen redest und lachst,
daß Du noch nicht angekommen bist?
Denn keiner kommt wirklich an. Niemals.

Wie schön der Sonnenaufunduntergang
Magisch der Staffellauf der Jahreszeiten
Da spricht ein Geist, den Ihr so versteht
und ich anders - doch eines ist gleich:
Wir sind beide gleichsam verzaubert.

- Che Chidi Chukwumerije
Im Jahrzehnt der Deutschen Dichtung
Che unter erwachenden Baum am Main. März 2022.

ERDERHITZUNG

Lang lebte die Erde
Lange bevor Gottes Odem Adam durchbohrte
blakte sie zerfurcht im eigenen Brodem
Jung war sie nie
Von Anfang an kaustisch und launisch

Und lange lange dauerte es,
bis ihre harte Büste weich wurde
prall geschwollen mit herziger Muttermilch
für werdendes Leben, von werdendem
Leben verlangend anheim gefallen

Lange, schwindelerregend lange lief es gut
bis EvAdam kurzum aufstieg und …
ritt sie so hart wie Fiaker im Abendverkehr,
da stoben Frieden und Vielfalt davon –
So kamen wir im Heute an, verschwitzt.

Che Chidi Chukwumerije
Im Jahrzehnt der Deutschen Dichtung

ERDVERBUNDEN

Ein Mensch,
der mit der Erde verbunden ist,
ist überall auf der Erde
Zuhause.

Das da oben ist keine Sonne
Das ist ein lachender Kraftspender –
Das Nasse, das von oben kommt,
das ist kein Regen, das ist Segen,
denn es reinigt alles und es stillt
den Durst seiner geliebten Erde.

Die bewegte Luft ist der erregte Duft
des Atems aus der Erde breiter Brust –
Die Bäume sind seine Wurzeln,
bohren immer tiefer in den Himmel,
schöpfen aus der Unendlichkeit
des Grales Unsterblichkeitelixier.

Er liebt nicht nur den Mitmensch
und die Natur als Wohnung,
sondern liebt vor allem die Tiere,
schönste Geschenke des Wesenhaften.

Che Chidi Chukwumerije
Im Jahrzehnt der Deutschen Dichtung

DER HERBST HAT SEIN WERK GETAN

Der Herbst hat sein Werk getan
Plötzlich sehe ich Dinge,
die immer da waren, nur
habe ich sie vorher nie gesehen

Das Unveränderliche liegt verborgen
unter regelmäßig wechselnden Hüllen,
Farben die kommen und gehen,
schönen Lächeln, blumigen Worten,

veränderungsfreudigen Launen,
Masken die fallen und wachsen wie Blätter,
doch der Herbst entsorgt sie alle,
entkleidet grob und roh die nackte Wahrheit.

Und wenn sich die Zeiten ändern
und die Wortwahl sich ihnen anpasst
die Erscheinungs- und Wirkungsformen auch,
bleiben die Menschen das, was sie sind.

Che Chidi Chukwumerije
Im Jahrzehnt der Deutschen Dichtung