LAUTER UND IMMER LAUTER

Mein Neujahr fängt nicht mit Feuerwerk an,
sondern mit Schweigen und innerem Glockenklang –
lauter in meinem Ohr als jeder Gesang –

nicht mit Feiern und Lachen und Reden,
sondern mit Nachdenken und Sinnen –
das, womit ernste Dinge immer beginnen.

Denn die Welt wird lauter und immer lauter,
und Jahr für Jahr frage ich mich subtil,
was sie wohl übertönen will.

Che Chidi Chukwumerije
Im Jahrzehnt der Deutschen Dichtung

RÜCKFAHRT AUS TIROL

Der Weg ergibt sich aus dem Nebel
Tirol entkleidet sich schnell
entzieht sich dem feuchten Dunst
zwischen seinen Bergen
gibt den Weg frei, eine lange Schlange
und wendet sich unermüdlich
aus der Feier heraus, zurück ins Alte,
voran ins Neue.

Neben mir ein Fluss, der immer in ist,
nimmer out. Die Sonne erscheint zögernd,
es ist eine Wintersonne.
Langsam fallen die Berge zurück,
die Enge weitet sich, und
es liegt eine offene Welt wieder vor mir…
Mit Heimkehr steigt die Reiselust.
Mit Älterwerden, siehe, die jugendliche Lust.

Che Chidi Chukwumerije
Im Jahrzehnt der Deutschen Dichtung

ZAUBER GEHT WEITER

Der letzte Tag des Jahres
Gern möcht ich denken, das war es
Doch ich weiß es besser, sicher
geht es weiter, nur ungewöhnlicher
als im scheidenden Jahr es schon war
Pandora‘s Buchse wurde geöffnet, fürwahr
Drum musst auch Du Dein Herz öffnen
Und Dich mit geistiger Zauberkraft bewaffnen.

Che Chidi Chukwumerije
Im Jahrzehnt der Deutschen Dichtung

HERR…

Ich danke Dir
Für ein volles Jahr
Das schnell ging und langsam
Gleichsam

Für jede als Gedicht
Getarnte Einsicht
In der Weisheit und der Liebe
Getriebe

Für das Reifen
In meinem Begreifen
Für die Gabe
Einer neuen Aufgabe
Immer wieder
Immer und immer wieder

Für das alte und das neue Jahr
Für das Begegnen und Beseitigen jeder Gefahr
Für Deine Güte, Herr, und Deine Treue
Und Vergebung, nach allem, was ich bereue
Für den Ruf der Ewigkeit
In aller Ewigkeit, in aller Ewigkeit.

Che Chidi Chukwumerije
Im Jahrzehnt der deutschen Dichtung

NEU JA

Denn ich habe
Im Dunkel Licht gesucht
Und habe gefunden
Lichtsehnsucht

Denn ich habe
In der Weite Nähe erforscht
Doch je intimer sie wurde
Desto größer mein Durst

Denn ich hab’ begriffen
Das Alte ist hartnäckig
Wenn die Silvesterglocken verstummen
Wiederholt das alte Jahr sich

Es muß alles neu werden
Aber wie wird das erreicht
Wenn der Verursacher, Mensch,
Unverändert bleibt?

Es muß alles neu werden
Neu ja neu
Gottesname nicht mißbrauchend
Doch seinem Gesetz treu

Ja zur Empfindung
Und ihren leisen Hinweisen
Ja zu guten Absichten
Gültig auch ohne Beweise

Ja zu dem Mut
Den wilden Sprung zu wagen
Aus altem Trott und Schrott
Ins Neue Lebenstage.

– Che Chidi Chukwumerije.