DU BIST NICHT VON HIER

Egal wie oft Du kommst,
gehen wirst Du wieder -
Der Geist kommt von Oben
und steigt hernieder

Du bist nicht von hier.
Nichts, was die Erde
an Freude oder Schmerz
an Lob oder an Beschwerde

kann Dich befriedigen.
Sie werden Dich kurz fassen
dann Deinen Körper beerdigen
und Deinen Geist entlassen.

Che Chidi Chukwumerije
Im Jahrzehnt der deutschen Dichtung

EIN TAG ZUHAUSE

Ein Tag Zuhause
fühlt sich manchmal
wie ein Es-war-einmal an

Ein anderes Zuhause
fern fern fern von hier
rückt fühlbar näher ran…

Ein Tag Zuhause
wie im Paradiesgarten
der Dich neu starten kann.

Che Chidi Chukwumerije
Im Jahrzehnt der deutschen Dichtung

OSTERNACHKLANG

Mein Blut blüht auf,
eine Blume in April -
Der Ostern ruft: „Lauf!“
Ich erwache! Ja, ich will!

Wo kommst Du denn her,
einsamer Glockenklang?,
singend, „Näher!, komm näher,
Ich bin erst der Empfang.

Da, wo wir herkommen,
klingt es tausendfach schöner.“
Da, wo WIR herstammen?
„Ja, da ist‘s wunderschöner.

Ich bin aus Deiner Heimat
und läute Dir den Weg zurück,
o Menschenblatt,
im Lebensbuch ins ewige Glück!.“

Che Chidi Chukwumerije
Im Jahrzehnt der deutschen Dichtung

EINE ERREICHBARE HEIMAT

Das Paradies ist gar nicht fern –
Es lebt in den Lächeln und Grüßen,
die in der S-Bahn und den Bussen
und in den Straßen nicht getauscht wurden.

Es wartet in der Rücksicht
und in der Hilfsbereitschaft,
die zwischen den Bürgern verweigert wurden
weil die anderen doch nicht so sind wie wir.

Es versteckt sich in dem Grundgesetz,
in dem unsichtbaren Verzahnungspunkt
zwischen Kapitalismus und Sozialismus
und findet nicht genug menschliche Austräger.

Das Paradies ist gar nicht fern
Es ist immer, ist nachhaltig, ist da –
… und wartet nur darauf, verstanden,
zugelassen und gelebt zu werden.

Che Chidi Chukwumerije
Im Jahrzehnt der Deutschen Dichtung

AHNUNG

Irgendwo ist es schöner
Dachte ich mir
Als ich über den schönen Friedhof schritt
Ein Grabmal hübscher als der andere
Neugeschmückt täglich fast mit Blumen
Nein, mit Liebe
Ruhe und Frieden überall
Dennoch spürte ich, tief in mir,
Irgendwo ist es schöner. Viel schöner.

Che Chidi Chukwumerije
Im Jahrzehnt der Deutschen Dichtung

MIT DIR EWIG LEBEN

Warum kann das Leben nicht ewig sein?
Das Leben muss ewig sein.
Das Leben ist ewig.
Wenn nicht auf Erden
Denn irgendwo sonst
Und dort will ich Dich treffen
Nach dem wir hier auf Erden fertig sind
Und anderweitig weiter suchen dürfen
Denn ich will mit Dir ewig leben, Ayabona.

Che Chidi Chukwumerije
Im Jahrzehnt der deutschen Dichtung

PARADIESSUCHT

Ich war, als ich Zuhause war,
ein Fremder –
Ich bin, jetzt wo ich ein Fremder
in der Fremde bin,
Zuhause.

Ich bin, jetzt wo ich Zuhause bin,
ein Fremder wieder.
Ich sehne mich wieder nach Hause,
in der Fremde…
denn ich bin fremd geworden.

Che Chidi Chukwumerije
Im Jahrzehnt der deutschen Dichtung

DIE RÜCKKEHR INS PARADIES

Er kehrte nicht mehr zurück
Nicht weil
Er den Weg ins Glück
Suchte und nicht mehr fand
Sondern weil
Er an nichts mehr über das Land
Des Glücks sich erinnerte.

Er glaubte nicht mehr daran
Weil
Ohne Ziel kein Reiseplan.
Ohne Sehnsucht keine Erinnerung
Weil
Ohne Sehnsucht keine Aufdämmerung
Dessen, was schlummerte.

Che Chidi Chukwumerije
2019: Das Jahr der deutschen Dichtung

REAL GEISTIG

Vor lauter Realpolitik geblendet
Wird die Frage nach der Herkunft
Rückwärts Richtung Vergangenheit angewendet
Anstatt wechselwirkend Richtung Zukunft

Wo ließen Deine Ahnen sich nieder?
Grübelst Du darüber, bis Du verdirbst?
Du kommst von da, wo Du wieder
Hin gehen wirst, wenn Du stirbst

Der Geist wird in der Moderne oft vergessen
In mitten von Nationen, Kulturen und Rassen
Der Verstand ist raumgreifend und alteingesessen
Der Mensch als Geist außen vor gelassen

Vor lauter Realpolitik starr geworden
Suchen wir hartnäckig, uneinig und blind
Unsere Heimat in allem Möglichen auf Erden
Außer in dem, was wir wirklich sind.

Che Chidi Chukwumerije
2019: Das Jahr der deutschen Dichtung

HEUTE IST DIE WIEDERHOLUNG VON HEUTE

Du darfst an morgen nicht denken
Morgen ist ein Fluß, heute ist die Brücke
Über morgen.
Was kümmert Deinen Fuß die Lücke
Deiner Sorgen?
Er schreitet ‘rüber ohne zu versenken
Wenn er fest auf Heute steht und geht
Heute allein wird nie weggeweht.

Nicht nur Brücke ist heute
Heute ist Anfang, heute ist Ende
Gestern erlebtest Du heute
Gestern, morgen ist nicht das Ende
Von heute, sondern erneut heute
Heute ist der Anfang ohne Ende.
„Mit mir wirst Du im Paradies sein heute“
Das Paradies ist das ewige Reich von Heute.

Das Paradies heute
Nicht gestern, nicht morgen. Heute.

Che Chidi Chukwumerije
2019: Das Jahr der deutschen Dichtung