Mord reinigt kein Land Er beschmutzt es Ohne Herz kann Hand Nur Hässliches Mord einigt kein Land Er spaltet es Ohne Empfindung hat Verstand Nur Totes, Kaltes. Hanau, wir sind echt, kein Trend. Reiche mir Deine Hand Wie ihr Lachen an dem Abend Bevor es verschwand. Che Chidi Chukwumerije Im Jahrzehnt der Deutschen Dichtung
Rassismus
RECHT AUF FEHLER
Siehst Du mich wirklich Als ebenbürtig und gleichwertig? Beweis es mir - Zeig mir, daß ich zu den selben Fehlern Wie Du gleichberechtigt bin. Verzeih mir und gestatte mir Meiner unvollkommenen Menschlichkeit. Che Chidi Chukwumerije Im Jahrzehnt der Deutschen Dichtung
BLINDGÄNGER
Das Schlimme an Rassismus ist, daß er nicht weiß, daß er Rassismus ist. Er denkt, er sei lustig, witzig. Er behauptet, er sei nett, zuvorkommend, behilflich. Er glaubt, er sei ehrlich, wahrhaftig. Er meint, er sei natürlich - sogar menschlich. Deshalb wird ihm nicht die Erkenntnis, daß er Rassismus ist. Vor allem deshalb, weil diese Erkenntnis… sie zeigte ihm gleichzeitig, wie klein er ist. Das Schlimme an Rassismus ist, daß er nicht wissen will, daß er Rassismus ist. Che Chidi Chukwumerije Im Jahrzehnt der Deutschen Dichtung
DAS VERBINDENDE TRENNENDE
Rassismus weltweit wurde
auf die nächste Generation
bereits erfolgreich übertragen
Setze also keine Hoffnung
auf die übernächste Generation
die sie in ihrem Bauch tragen.
Er verbindet alle Nationen
und trennt alle Nationen –
und zeugt von unserem Versagen.
Che Chidi Chukwumerije
Im Jahrzehnt der Deutschen Dichtung
DUNKEL
Du hast ein Hemd Ich habe eine Haut Du bist nicht fremd Keiner schaut Dir nach, wenn Du einkaufen gehst Überwacht Dich, wenn Du an der Ecke stehst Schaut schnell weg, wenn Du Dich umdrehst. Che Chidi Chukwumerije Im Jahrzehnt der Deutschen Dichtung
HÖR AUF DEIN GEWISSEN
Es gibt ein anderes Wort für Rassismus, es heißt Kulturrettung. Es gibt für Fremdenhass eine schönere Bezeichnung, sie lautet Heimatverteidigung. Jedem seins hört sich doch besser an als Diskriminierung oder Unterdrückung. Unter uns sein wollen sagen wir jetzt, also Gleichart, nicht mehr Ausgrenzung. Doch die schönsten Begriffe sind trotzdem hässlich, wenn sie ohne Liebe gelebt werden. Die besten Bezeichnungen sind die schlimmsten, wenn sie Herrschsucht und Hass verkleiden sollen. Hör bitte auf Dein Gewissen in Deiner Jugend und behalte lang diese flüchtige Erinnerung der Brüderlichkeit wenn Du älter und kluger wirst und erbst die verlockenden Vorteile der Führung. Che Chidi Chukwumerije Im Jahrzehnt der Deutschen Dichtung
UNTER DER HAUT
Ich mußte diesmal lang hinein hören um Dich in mir herauszuhören denn ich bin meinungsstark und laut unter meinem Schweigen über meine Haut Wer bist Du? Unter Deiner Haut. Wie viele Personen sind darunter verstaut? Darf ich da rein? Ich will nicht stören. Nur wissen, ob wir innerlich zusammengehören. Das Eindringen könnte Schichten zerstören und versteckte Gedichte heraufbeschwören. Farben haben uns die Sicht verbaut. Unter der Haut aber ist mir alles vertraut. - Che Chidi Chukwumerije Im Jahrzehnt der Deutschen Dichtung
ALLES AUSSER WEISS
Heute koche ich vor Trauma und Wut.
Menschheit mehr Macho als Mut?
Kein Mut zum Menschsein gemeiner als Blut.
Als Schwarzer muß ich immer wieder
erleben: Egal ob im Frieden
oder im Krieg sind wir eben immer „Die da.“
Ausgegrenzt oder vermieden.
Im Frieden feiner als im Krieg, oh ich weiß.
Da sind die Grenzen noch offen für Gespräch.
Im Krieg geschlossen für alles außer Weiß.
Das Blutgefäß ist (immer) wieder zeitgemäß.
Schwarze kämpfen immer zweierlei
Für uns ist der Weltkampf gegen Tyrannei
und der persönliche Überlebenskampf einerlei.
– Che Chidi Chukwumerije
Im Jahrzehnt der Deutschen Dichtung
ANGEHALTENER ATEM
Die Bilder, die uns hätten mahnen sollen,
ernteten uns, und siegessicher, Erlahmung
Die Bilder, die uns hätten warnen sollen,
signalisierten stattdessen Entwarnung
Die Bilder,
die uns an vergangenes Übel erinnern sollten,
angeblich wilder,
lenkten uns vom heute begangenen Übel ab,
anscheinend milder.
Doch Fremdenhass kommt heute
niemals angekleidet wie gestorbene Leute –
Er zieht T-Shirts von heute an
sieht cool aus, normal, aufgetan
und tanzt im Club dann und wann.
Hass braucht keinen Grund, zu hassen.
Dein Dasein ist ihm Boden genug.
Generation für Generation wächst seine Ungeduld.
– Che Chidi Chukwumerije
Im Jahrzehnt der Deutschen Dichtung
ES WIRD NOCH LANGE DAUERN
Es wird noch lange dauern
bis Ihr mich anschaut
und nicht zuerst Eure Vorurteile
unterdrücken müsst
um mit mir lächeln zu können
Meine Kinder werden diese Zeilen wiederholen
Ihre Kinder werden diese Zeilen wiederholen
Ich weiß es
Denn auch mein Vater wiederholte sie
und sein Vater vor ihm
Erst dann werden diese Zeilen
nicht mehr wiederholt,
wenn wir nicht mehr da sind zum Anschauen
weil wir weiter gegangen sind
und Euch zurückgelassen haben.
– Che Chidi Chukwumerije
Im Jahrzehnt der Deutschen Dichtung