FANG AN

Anfang ist Ende -
Mitte ist Wendepunkt -
Beendet weil es begann -
Verändert während es zerrann -
Was Du nicht beenden willst
fang nicht erst an -
Aber was Du nicht bereuen willst
lass nicht ungetan.
Fang einfach an mit Deinem Schicksal;
Alles andere ist eh und wirklich egal.

Che Chidi Chukwumerije
Im Jahrzehnt der deutschen Dichtung

HERBST UND VERÄNDERUNG

Irgendwann gibst Du auf
und lässt den Herbst herein;
Altern gehört zum Lebenslauf,
Reifen zum erfüllten Sein.

Die Blätter lassen die Farben los,
eine nach der anderen;
Die Bäume lassen die Blätter los,
die faden und die bunteren.

Die Menschen lassen die Menschen los,
um ihre Wege weiter zu gehen;
Die Menschen lassen die Menschen los
bis auf Wiedersehen.

Che Chidi Chukwumerije
Im Jahrzehnt der deutschen Dichtung

DIE LANGE REISE ZUM ANFANG

Es ist eine lange Reise
Die innere Stimme ist leise
Aber ihr Widerhall ist laut

Er kommt mit den Jahren
in Lehren, die wir erfahren
und geht uns unter die Haut

Die Haut wird alt, ergraut
Die leise Stimme wird laut
Vom Leben bestätigt mit der Zeit

Und am Ende der Reise
ruhig geworden und weise
bist Du endlich für den Anfang bereit.

Che Chidi Chukwumerije
Im Jahrzehnt der deutschen Dichtung

SCHMETTERLING


Im Land der Stille
wächst der Wille –
und wenn er reif
geworden ist und bereit
durchbricht er die Hüllen
denn er will erfüllen
denn er muss erfüllen.

Che Chidi Chukwumerije
Im Jahrzehnt der Deutschen Dichtung

GRAUE HAARE

All die Jahre waren Haare,
üppig und schön gemacht –
wurden grau und dünn und wenig
und jetzt sind sie weg

Nun steht die Zeit still
wie eine Glatze, widerspiegelt
das endlose Warten auf einen Zug,
der schon abgefahren ist.

Und die stille Zeit
wie die Stille Nacht
wird zum tiefen Meer der Erinnerung
und des Schöpfens ewiger Jugend.

Che Chidi Chukwumerije
Im Jahrzehnt der Deutschen Dichtung

EINBRUCH

Herbst bricht ein
wie ein Dieb in der Nacht –
Stiehlt uns unsere Jugend.
denn er will uns zeigen, wie bunt
das Reifsein auch sein kann
bei aller Nacktheit.

Reif sein ist schön –
Schön der Schmerz
Schön die Reue
Schön die Stärke
Schön die Zerbrechlichkeit
Schön die Ruhe.

Che Chidi Chukwumerije
Im Jahrzehnt der Deutschen Dichtung

IMMERSEIN

Wir sind hier
in einer Kopie,
um den Sinn der Sache
zu begreifen.

Ehe. Freundschaft.
Streit. Versöhnung.
Fehler. Lernen. Streben.
Reifen und weiterreifen.

Gibt es irgendwas,
das – ob hier oder dort –
ewig bleibt?
Dann wollen wir danach greifen.

Che Chidi Chukwumerije
Im Jahrzehnt der Deutschen Dichtung

DEIN ZUKÜNFTIGES SELBST RUFT DICH

Neue Wege
und dennoch
gehe ich immer noch
und nur zu Dir.

Du warst schon immer in mir
meine erste Sehnsucht
meine erste Frage
und meine erste Sprache

Du warst alles,
was ich sah, als ich
das erste Mal
die Welt sah:

Die Gewissheit, daß
der Mensch blühen soll
war mir sofort und immer
eine Selbstverständlichkeit

Ich blickte in die Zukunft
und sah mich, aufgeblüht,
mir zu lächelnd,
mich zu mir rufend.

Che Chidi Chukwumerije
Im Jahrzehnt der Deutschen Dichtung

AUTOBAHN (II)

Ich mag, wie Du zufrieden schnurrst
wie eine riesengroße blaue Katze
die von tausend Autoreifen
laut gekrault wird.

Che Chidi Chukwumerije
Im Jahrzehnt der deutschen Dichtung

UNAUFHÖRLICH

Die Jahre ziehen

die Zeit in die Länge

die Züge nach unten

die Haare aus

die Hüllen auseinander

die Empfindungen nach oben

weiter

Che Chidi Chukwumerije
Im Jahrzehnt der deutschen Dichtung