DIE WAHL

Zwei Pfade mieden sich im Wald
Einer war die Sehnsucht
Einer war der Ehrgeiz

Es gab keinen dritten –
Er was nur so aus, als wäre er ein Weg.

War der Wald Dein Herz oder meins?
Wie können zwei Wege
so ähnlich sein und doch so verschieden?

Und treffen sich nie.

Che Chidi Chukwumerije
Im Jahrzehnt der Deutschen Dichtung

SEHNSUCHT NACH ERFÜLLUNG

Unscharf das Bild.
Unklar das Strassenschild.
Undeutlich das brennende Bedürfnis.
Nebulös der Durst
und ungestillt.

Che Chidi Chukwumerije
Im Jahrzehnt der Deutschen Dichtung

UMGANG MIT DISTANZ

Ich bin nicht gut mit Abschieden.
Allzu häufig waren sie mit keinem Wiedersehen mehr verbunden.
Vorsätze, die sich nicht reimen.

Sag mir nicht Auf Wiedersehen.
Sag Gute Fahrt, Lebe wohl,
Oder sage gar nichts –
Ein schweigender Blick ist das stärkste Symbol.

Behalte mich in Deinem Herzen
Und ich werde da sein,
Klar sein, nah sein,
Wie Runen gemeißelt in Stein.

Ich brauche diese philosophischen Worte,
Um der Trennung zu widerstehen
Und vorzugeben, ich zähle nicht die Tage,
Bis wir uns wieder sehen.

Che Chidi Chukwumerije
Im Jahrzehnt der Deutschen Dichtung

FERNZEUG

Ein Flugzeug
Einsam und ernst
Strebt einem fernen Ziel zu
Doch alles, was es erreicht,
Ist die Ankunft in mein Herz.

Egal wie weit es fliegt
Entkommt es meiner Sehnsucht nicht
Egal wie hoch es steigt
Verschwindet es nie aus meiner Sicht –
Fernweh.

Traumraum
Der wahre Wolkenkratzer
Beweglicher Gedanke
Flugweh…
Du schönes Fernzeug.

Che Chidi Chukwumerije
Im Jahrzehnt der Deutschen Dichtung

DEM DRANGE NACHGEBEN

Schwer lag auf mir der Drang,
den schweren Drang abzuwerfen –
Und der Drang danach,
dem Drang nachzugeben,
war so unerträglich,
daß ich dem Drang nachgab
und den Drang abwarf.

Erleichterung leert
Doch die Leere erleichtert nicht.

Jetzt bin ich leicht – und leer –
und sehne mich wieder nach dem Drang
und nach dem Drang danach,
mich dem Drang wieder nachzugeben.

Che Chidi Chukwumerije
Im Jahrzehnt der Deutschen Dichtung

ENTZAUBERT

Sie sehnten sich nach einander
zehn Jahre lang

Labten sich an der Sehnsucht,
gefangen wie in einem Hang

Doch eine einzelne Nacht
entlud ihnen, enttäuscht, ihren Drang

und befreite sie, traurig, von ihrem Zwang.

Che Chidi Chukwumerije
Im Jahrzehnt der Deutschen Dichtung

WENN DIE SEHNSUCHT STIRBT

Irgendwann habe ich keine Worte mehr
um über den Tod der Sprache zu singen;
Irgendwann macht es keinen Sinn mehr,
dem Fehlen von Sinn Aufmerksamkeit zu bringen;
Irgendwann gibt es keine Sehnsucht mehr,
und keiner wird es wahrnehmen wollen;
Denn ohne die Sehnsucht wird ihr Vorhandensein keiner wahrhaben wollen.

Che Chidi Chukwumerije
Im Jahrzehnt der Deutschen Dichtung

EIN GEWÖHNLICHES LEBEN

Ich floh
in die Tat
in den Tag
in das Nichtstun
in die Nacht
in die Trauer
in die Träumerei
in die Sünde
in die Sühne
in den Streit
in die Sehnsucht
in das Lachen
in die Lust
und in das Leiden –
denn überall suchte ich Dich, meine Liebe.

Che Chidi Chukwumerije
Im Jahrzehnt der Deutschen Dichtung

UNGENOMMENE HERZEN

Herzen. Sie hängen schwer beladen
wie längst reife Früchte vom Baume der Gefühle runter,
sehnen sich brennend danach,
genommen und verzehrt zu werden…

Doch nicht alle Herzen werden genommen.
Manche werden schwerer und schwerer,
fallen zu Boden und werden Teil der Sehnsucht,
die die Welt immer mehr verzehrt.

Che Chidi Chukwumerije
Im Jahrzehnt der Deutschen Dichtung

ABHÄNGIGKEIT

Ich hielt den Atem an
Überließ Dir den Sauerstoff
Wurde zum Baum

Du läufst an mir vorbei
Sitzt in meinem Schatten
Beachtest mich kaum

Wenn Du atmest, atme ich
Wenn ich sterbe, stirbst Du
Zurück bleibt nur unser Traum

Traum von Freiheit und Freude
Traum von Wahrheit und Wurde
Traum von Lebensraum.

Che Chidi Chukwumerije
Im Jahrzehnt der Deutschen Dichtung