SCHATTEN UNSERER SELBST

Wir gingen wie
zwei verlorene Schatten
ohne Körper
einen Waldweg entlang
auf der Suche nach dem Licht
das uns auswarf.

Doch als wir das Licht fanden
verstanden wir immer noch nicht
warum wir Schatten waren
oder wo wir her kamen
denn ein Schatten ohne Körper
begreift sich selbst nie

Manche behaupten, Gott zu suchen
Wenn sie ihn finde
wissen sie nicht, wie sie ihm dienen sollen
denn sie kennen sich selbst nicht.
Wir sind alle Schatten
unserer Selbst.

Wie kann ich mich Dir geben
wenn ich mich nicht kenne?
Ich gebe Dir nur einen Schatten
meiner Selbst
und Du merkst nicht, daß Du mich
immer noch nicht kennen gelernt hast.

Che Chidi Chukwumerije
Im Jahrzehnt der Deutschen Dichtung

SELBSTGESPRÄCHE MIT DER INNEREN STIMME

Nach dem
kein Sieg ewig blieb
der mich häutig rieb

Nach dem
jeder mich verließ
der einst war mir Paradies

Nach dem
ich mitten in Geborgenheit
und Liebe erlebte tiefe Einsamkeit

habe ich gelernt
das abendliche Gespräch zu schätzen
mit mir selbst, von der Welt entfernt.
Der mich nie verlassen noch verletzen
noch fallen lassen wird,
mit mir lebt und liebt und leidet und stirbt.

Che Chidi Chukwumerije
Im Jahrzehnt der deutschen Dichtung

DER HEILENDE KAMPFGEIST

Es gibt eine Wunde
Sie heilt vermutlich von Innen
Aber sie heilt und heilt sehr zögernd
Doch die Heilung wird gewinnen.

Kampfgeist.
Ich will Euch nicht zurück hassen,
Dadurch ist mein täglicher Kampf nicht
Gegen Religionen, Stände oder Rassen.

Nicht gegen andere Menschen.
Kampfgeist ist Selbstringen.
Selbstbeherrschung. Selbstüberwindung.
Es wird mir heute Nacht gelingen,

Die Nacht zu lieben,
Sie dazu zu bringen, sich fallen zu lassen
Und der Tag, den wir zeugen werden,
Wird nie lernen, zu hassen.

Che Chidi Chukwumerije
2019: Das Jahr der deutschen Dichtung