Als ich aufhörte, kostenlos zu sein, verloren die einen den Appetit nach mir - In den anderen erwachte der Heißhunger. Als ich anfing, Weh zu tun, flohen die einen; die anderen gaben sich hin: Mir, uns, und unserem gleichartigen Beißhunger. Als ich aufhörte, ohne Grenzen zu sein, blieben die einen draußen, die anderen drinnen schätzten befriedigt meinen Schweiß und Hunger. Es hat lange gedauert aber ich kenne meinen Wert; Ich weiß, wie viel ich weiß, kann, wage, schaffe mit unbändigem Fleiß und unersättlichem Hunger. Che Chidi Chukwumerije Im Jahrzehnt der Deutschen Dichtung
Selbstfindung
EXISTENZ
Ich habe Afrika in Afrika verloren und in Europa wieder gefunden. In mir. Europa fand ich nie. Wie eine Geschichte, die immer weiter erzählt wird doch niemals so existierte. Che Chidi Chukwumerije Im Jahrzehnt der Deutschen Dichtung
NEUGEBURT AM ABEND
Die Zukunft ist hinter mir her
Ich laufe so schnell wie ich kann
Ich laufe weg von ihr
Sie ist meine alte Zukunft, die ich mir einst ersann
Ich will sie nicht mehr
Jetzt baue ich mir schnell eine neue Zukunft –
Doch meine Zeit ist fast um. Reise ohne Ankunft?
– Che Chidi Chukwumerije
Im Jahrzehnt der Deutschen Dichtung
STATIONEN DER SELBSTFINDUNG
Wann ist eine Beziehung zu Ende?
Am Anfang, als wir zusammen kamen
Ohne zu verstehen, daß wir uns nicht verstehen?
In der Mitte, als wir weitermachten
In der Annahme, auf dem richtigen Weg zu sein?
Am Ende, als wir uns trennten
Weil wir beide schließlich die Wahrheit erkannten?
Oder Jahre später, als wir endlich
Echte Freunde wurden?
Wann ist eine Liebesbeziehung zu Ende?
– Che Chidi Chukwumerije
Im Jahrzehnt der Deutschen Dichtung
BEGEGNUNG IM WALD
Der Wald sprach zu mir und ich war stumm, und folgte dem Ruf Schritt für Schritt, denn die Stimme, sie war mir vertraut. Ich schwöre, die Welt hatte sich in Schweigen ertrunken, denn alles, was ich hörte, war meine innere Stimme, Widerhall des Waldes Rufes. Mit jedem Tritt wuchs das Gras und teilten sich die Bäume. Langsam beschleunigte sich mein Herzklopfen. Ich wusste, jetzt kommt Magie, jetzt kommt Zauber. Doch als der letzte Baum hinter mir verschwand mit Wald und Welt, fand ich – am Ende meines Weges – aufschauend, nur mich selbst. Und ich habe mich seit dem nie wieder verloren.
– Che Chidi Chukwumerije
