NIE VERGESSEN

Jemand steht fest hinter mir
Ich sehe ihn nicht, weiß nicht mal
ob er männlich ist oder weiblich
aber ich empfinde ihn manchmal
immer wenn ich verzagend aufgeben will
hält und stützt und stärkt er mich
wie ein echter Freund tiefer als nur Gefühl:
Es gibt mehr im Leben als Du siehst
Mehr als Krieg, als Arbeit und Stress
gibt es die Bildung Deines Geistes
Nie vergessen, das ist der wahre Prozess.

Che Chidi Chukwumerije
Im Jahrzehnt der Deutschen Dichtung

WIR LACHEN ZU VIEL

Wir lachen zu viel
über Sachen,
die viel zu wenig bedeuten -
Scheuen das denkende Alleinsein,
freuen uns über
Teilsein der verzweifelten Meuten,
die nicht wissen wollen,
was wir dabei missen. Denn
oberflächlicher Zugang zu den Leuten
macht uns innerlich einsam,
gleichsam diese Schmerzen
uns wechselwirkend rettend häuten.

Che Chidi Chukwumerije
Im Jahrzehnt der Deutschen Dichtung

DAS ÜBERGEORDNETE

Jedes Gedicht fängt mit einem kurzen Bild an,
das ich mit dem ersten Ausdruck schnell festhalte.
Jedes Gedicht fasst einen tieferen Begriff zusammen,
den ich bis zum letzten Ausdruck langsam entfalte.

Jeder Tag fängt mit neuer Hoffnung im Herzen an,
die mit der Morgendämmerung erwacht und sich regt.
Weil ich geboren wurde, trag ich in mir ein hohes Ziel
und mein Leben einen Sinn, der mich wechselwirkend trägt:

Den Willen Gottes zu finden, zu begreifen, Ihm zu dienen,
auch und vor allem in dieser modernen Zeit Ihn zu erfassen;
bei all den Herzesthemen, die uns zerreißen,
den übergeordneten Gral nie aus dem Blicke zu lassen.

Die Morgentauben grüßen euphorisch den neuen Tag -
an ihrer Inbrunst tut meine Tatkraft sich durstig laben.
Bis der Nachtgeist mich wieder in seine Ruhe hüllt,
will ich durch Erleben mehr Klarheit mir gesichert haben.

Che Chidi Chukwumerije
Im Jahrzehnt der Deutschen Dichtung

NACHDENKEN AM SONNTAG

Immer wieder diese Frage:
Wenn ich nur einmal lebe,
was nutzt mir das ganze Wissen,
gewonnen aus allem, was ich erlebe,
nach dem ich sterbe?

Bis Du alles begriffen hast,
bist Du alt, es ist vorbei,
das Wesentliche hast Du verpasst.

Irgendwie macht es keinen Sinn,
diesen intelligenzsammelnden Geist,
Mensch,
nur einmal leben zu lassen.

Che Chidi Chukwumerije
Im Jahrzehnt der Deutschen Dichtung

ARBEITSSUCHE

Ein Fuß nach dem anderen
Verschwindet Richtung Arbeitsamt
Mit Hoffnung entflammt
Ein Herz nach dem anderen
Sehnt sich nach Beschäftigung
Befestigung und Bestätigung:
Auch. Ich. Bin. Jemand.

Was bleibt dem Menschen noch übrig
In einer post-menschlichen Welt
Ohne Geld als Arbeitsfeld?
Ohne Genehmigung ist gesetzwidrig
Neues, ob Jugend, Vorstoß oder Tugend
Es bleibt nur Altes, ungenügend
Verteilt. Aus. Land. In. Land.

Che Chidi Chukwumerije
2019: Das Jahr der deutschen Dichtung