Manche sind zum Hassen geboren. Gegen sie hast Du von vornherein verloren, bist Du zum Lieben auserkoren. Es gibt ein Licht, das aber höher ist, das höher als Hass, Politik und Waffen ist; eins, das Gottes, das des Grales ist. In mitten der gegenwärtigen Verwirrung vergessen wir oft unsre wahre Bestimmung: geistige Entwicklung, geistige Wirkung. Lass Dich zum Gruppenhass nie mitreißen gegen die „Schwarzen“ oder die „Weißen“ oder wie die Sammelworte alle heißen. Was Du in der Gruppe tust, belastet Dich. Aber wenn es gut ist, zählt es nur für Dich. Du bist für Deine Ewigkeit verantwortlich. Che Chidi Chukwumerije Im Jahrzehnt der deutschen Dichtung
Verantwortung
DU HAST NIE LIEBE GENUG
Du hast nie Liebe genug für zwei; Kommt nichts zurück, gehst Du leer aus. Du hast nie Glaube genug für zwei; Dein Glaube klärt nur Dich, nicht Dein Haus. Du hast nie Kraft genug für zwei; Du kannst nur mit retten, wer herzhaft mitzieht. Du hast nie Freude genug für zwei; Jeder ist selbst seines Glückes Schmied. Che Chidi Chukwumerije Im Jahrzehnt der Deutschen Dichtung
VERANTWORTUNG
Weder Weiß noch Schwarz kann mich retten - Ich habe auf meiner Wanderung alle Grenzen überschritten und fand überall dieselbe Sinnlosigkeit, Einsamkeit, Sehnsucht nach Menschlichkeit und nach dem Sinn des Lebens. Nur diese Werte können mich noch retten: die Liebe und die Treue zur Schönheit, zur Menschlichkeit, zur Ordnung, zur Wahrhaftigkeit, zum Mut dazu Verantwortung zu übernehmen für eigenes Schicksal, und zur täglichen lebendigen Forschung nach dem Sinn des Lebens. Che Chidi Chukwumerije Im Jahrzehnt der Deutschen Dichtung
NATURTRIEB

Das Tier stand und mit stetem Blick beobachtete den Menschen im Wald, sah kommentarlos seine Ungeschick, registrierte still, wie er dann bald sein Vorhaben erreichte mit seiner Technik. Ich habe klug mit Geschick und Elan diesen Wald ins Geld verwandelt, dachte der Mensch. Das Tier nebenan dachte, wer so dumm und krass handelt, hat keinen Platz in der Natur Zukunftsplan. Der Mensch ging und das Tier blieb, wie zwischen Herz und Kopf eine Kluft, aus der sich heraus jeder Dichter je schrieb, und die Frage hing weiter in der Luft: Wie zeigt sich der wirkliche Naturtrieb? Che Chidi Chukwumerije Im Jahrzehnt der Deutschen Dichtung
ICH HÜTE EINEN TRAUM
Täglich die Welt zu umfassen Täglich die Welt wieder zurück zu lassen Täglich zu sein ein Teil der Massen Ohne zu gehören irgendeiner ihrer Klassen Was bin ich? Ich hüte einen Traum Und suche das Land mit dem passenden Raum Um dort zu pflanzen den Friedensbaum. Che Chidi Chukwumerije Im Jahrzehnt der Deutschen Dichtung
WAS IST AUS EURER GRÖSSE GEWORDEN?
Und dann begann ich
Liebevoll geduldig
Mit Euch zu sprechen
Denn Härte mit Härte
Und Hass mit Hass
Zu kontern niemals
So gut wie Liebe saß
Was ist aus Eurer Größe geworden?
Geblieben ist nur Arroganz
Das Nicht-tolerieren von Toleranz
Das Dürsten nach Relevanz.
Größe aus der Distanz
Ist in der Nähe oftmals
Eine Anhäufung von Schwächen.
Che Chidi Chukwumerije
Im Jahrzehnt der Deutschen Dichtung
ALLEINERZIEHEND
Schreibt Protokoll Geht einkaufen Schiebt Überstunden Hält das Büro am Laufen Geht Kompromisse ein (F)Akten balancierend Deadlines frühzeitig haltend Schlüsse akzeptierend Schaut immer wieder auf das Handy Steht plötzlich auf Ich muss jetzt zu meinen Kindern Ich mache den Rest von Zuhaus Kurz nach Mitternacht Nochmal eine letzte Mail Sitzt morgen wieder lachend im Büro Mit müden Augen parallel. Che Chidi Chukwumerije Im Jahrzehnt der Deutschen Dichtung
ÜBER GEPÄCK
Soll ich stärker werden oder weniger Gepäck tragen? Wenn ich weniger Gepäck trage werde ich schwächer werden. Wenn ich schwächer werde, werde ich noch weniger Gepäck tragen. Wenn ich nicht schwächer werden möchte, muß ich mehr Gepäck tragen. Wenn ich stärker werde, trage ich - gefühlt - weniger Gepäck. Nicht mehr. Und wenn ich daran sterbe? Dann trug ich mein ganzes Gepäck bis zum Schluss. Mehr nicht. Che Chidi Chukwumerije Im Jahrzehnt der Deutschen Dichtung
TAUSEND FÄDEN
Es wachsen so viele Blumen in meinem Garten
Ich weiß nicht, wo sie alle herkommen
Aber ich spüre, daß sie alle auf mich warten
Und geduldig sind sie, ich weiß nicht warum
Sie haben, jede, ein Teil von mir in Besitz genommen
Sie polstern meine Gefühle, innerlich stets um mich herum
Ich dachte an die im Tal, als ich den Berg erklommen
Dachte an die am Ufer, als ich im Fluß geschwommen
Und die Berg und Fluß Blumen flüsterten: er wird zurück kommen.
Wie viele Leben muß man leben,
um ein Leben zu Ende zu leben?
Wie viele Leben kann man in einem Leben
zu Ende leben?
– Che Chidi Chukwumerije
Im Jahrzehnt der Deutschen Dichtung
AUCH DU BIST EIN BAUM
Der Baum stand da
im Regen und in der Sonne
und sagte zu mir
Ich biete Schutz und Schatten an
Ich bitte und bettle selbst nicht
um Schutz und Schatten –
So viel Stolz habe ich.
Und ich antwortete
Aber Du brauchst auch Schutz –
Und der Baum sagte zu mir
Das ist Deine Sorge
Mich interessiert das nicht
Denn auch Du Mensch bist ein Baum
So viel Stolz musst Du haben.
– Che Chidi Chukwumerije
Im Jahrzehnt der Deutschen Dichtung
