WIR WERDEN UNS FINDEN

Wir werden uns finden
Genau dann, wann wir uns nicht erwarten
Denn wir sind die blinden
Die harten, die wunden, die suchenden, die zarten
und vielfältigen Deutschen der Neuzeit.

Wir werden uns missverstehen
Auf dem langen schmerzvollen Weg zur Einheit
Und denken, daß das was wir sehen
Menschen unterschiedlicher Arten sind. Ungleichheit
Ist die Illusion der Deutschen der Neuzeit.

Tiefer musst Du blicken
Um mich zu sehen. Ich wohne nicht auf der Oberfläche
Einen Gruß darfst Du ab und zu schicken.
Horche, ich grüße zurück. Gespräche
zwischen deutsche Geister der Neuzeit.

Che Chidi Chukwumerije
Im Jahrzehnt der Deutschen Dichtung

WIR BEGEGNEN UNS

Wir begegnen uns
Zwischen den Zeilen von Chatgruppen
Überspringen mit jedem Smiley
Eine Fülle von Sätzen, die
Den Punkt nicht treffen -
Worte wollen gehört werden
Nicht nur gelesen
Gesichter wollen gesehen werden
Nicht nur als Smiley vorgetäuscht
Menschen wollen getroffen werden
Äußerlich - und innerlich.
Trennt uns Farbe oder vereint uns Menschentum?
Spaltet uns Kultur oder einigt uns Gesellschaft?
Geschlecht, Kastengeist, Wohlstand,
Behinderung, Orientierung, Bildung,
Glaube. Was glaubst Du? Trennen uns
Tausend Unterschiede oder verbindet uns
Eine gemeinsame Innere Stimme, die
Weder mit Ton noch mit Händen spricht
Und dennoch immer laut ist,
Immer da ist? Zwischen uns.

Che Chidi Chukwumerije
Im Jahrzehnt der Deutschen Dichtung

BUND DER VIELFALT

Ich kann nicht mehr
Und genau hier
Setzt Du an, ab hier
Fängst Du an, woher
Du diese Kraft hast
Ist mir unbekannt.

Vermutlich ist das der Grund
Warum Menschen unterschiedlich sind:
Damit wir durch Menschenbund
Uns gegenseitig lindern, wo wir wund sind
Und zusammen das erreichen
Was dem Einzelnen droht zu entweichen.

Che Chidi Chukwumerije
Im Jahrzehnt der Deutschen Dichtung

SCHRITT FÜR SCHRITT

Der Tag hat nicht genug Stunden,
die Welt nicht genug Menschen,
die Menschenwelt nicht genug Vielfalt
um alles, was mich treibt, nach dem
ich mich sehne, alles,
das ich täglich angehen, erleben
und erreichen muss, zu umfangen.

Und dann richtet am Ende eines
jeden vollen Tages meine Hoffnung
sich auf den nächsten Tag, den nächsten
Menschen, die nächste Welt…
So treibt und lotst mich das Leben
durch die Korridore der Ewigkeit –
im steten Ringen mit dem Hier-und-Jetzt.

Che Chidi Chukwumerije
Im Jahrzehnt der Deutschen Dichtung

ICH WEISS ES NICHT

Wie kann ein Mensch
so viele Menschen sein?
So viel am Kämpfen sein
mit sich Selbst?

Wie kann ein Jahr
so viele Jahreszeiten sein?
So viele Kalenderseiten sein
in einem Etat?

Wie kann das Weltmeer
So viele Meere sein?
So voll mit Leere sein
und mit Leben schwer?

Mit wie vielen Menschen bin ich verheiratet?
Wie viele Eltern hatte ich?
Mit wie vielen Liedern ist meine Gitarre besaitet?
Schon wie viele Leben hatte ich?

- Che Chidi Chukwumerije
Im Jahrzehnt der Deutschen Dichtung

VIELFALT DER MENSCHHEIT

Wir sind so verschieden –
Fünf Hautfarben genügen nicht,
um Vielfalt zu wiedergeben.

Ein Regenbogen reicht nicht aus,
um unsere Lichter zu widerspiegeln,
wenn wir uns der Sonne öffnen.

Wir sind aus verschiedenen Empfindungen geboren,
aus unterschiedlichen Gedanken gekleidet
und verkörpern jeder ein einzigartiges Bewusstsein.

Che Chidi Chukwumerije
Im Jahrzehnt der Deutschen Dichtung

VIELFÄLTIG

Alles, was eine Weltstadt verträgt:
Alles, was sie nicht versteht,
verträgt sie. Alles, was ihren Boden belegt,
erregt sie, bewegt sie.
Selbst mich –
und das überrascht mich –
selbst ich finde in mitten des vielfältigen Fremden
etwas heimatliches und gleichartiges
und das überrascht mich.

Che Chidi Chukwumerije
Im Jahrzehnt der Deutschen Dichtung

VIELFALT UND EINHEIT

Trennwand
trenn Dich von der Trendwand.
– laß das linke ins rechte
und das rechte ins linke Herz blicken.
– laß das männliche ins weibliche und
das Weibliche ins Männliche hineingucken.
– laß das junge ins alte,
das alte ins junge Gemüt Einsicht erhalten.
– laß das fremde ins fremde, laß das
menschliche im menschlichen sich einschalten.
Trennwand,
trenn Dich von der Trendwand –
… befreie uns von dem Trendwahn.
Es gibt stets mehr Optionen, als ich ahn.

Che Chidi Chukwumerije
Im Jahrzehnt der Deutschen Dichtung

VIELFALT

Die Vorhänge zwischen den Emotionen
fallen wie gefaltete Farben, wenn sie zögernd
ihre gebrochene Farbtonleiter sich herunter tasten,
die eine Farbe suchend, die nicht existiert.

Es gibt zu viele Zwischenlieder –
Mitglieder der menschlichen Familie –
Wo höre ich auf? Wo beginnst Du?
Unser Vielfalt, wie ein Überraschungsei,
zaubert tägliche neue Farben ans Licht.

Che Chidi Chukwumerije
Im Jahrzehnt der Deutschen Dichtung

UNGENÜTZTES POTENZIAL

Wie viele Träger der Zukunft Deutschlands
laufen ziellos herum,
mit dem großen unsichtbaren Stempel
auf ihrem Rücken:
AUSLÄNDER?

Deutschland, schaue in den Spiegel

Erkenne Deine Stärken –
die sehen heute vielleicht manchmal
ein bisschen anders aus als einst gestern
aber sie sind Deine Stärken.
Erkenne Dich.

Che Chidi Chukwumerije
Im Jahrzehnt der Deutschen Dichtung