Der Beobachter wird beobachtet Das ist ein Gesetz des Lebens Sachlich betrachtet Er wehrt sich dagegen vergebens Wer berührt, wird berührt Wer anderen beklaut, wird beklaut Wer verführt, wird subtiler verführt Der Bräutigam ist selbst seine eigene Braut. Che Chidi Chukwumerije Im Jahrzehnt der deutschen Dichtung
Wechselwirkung
WENN SCHNEE EINEN FLUSS BERÜHRT

Wenn Schnee einen Fluss berührt Wie Gedanken zurückgeführt Zum Ausgangsort und -zustand Durch der Natur unsichtbarer Hand, Denke ich darüber nach: Ob Meer oder See oder Bach, Ort des Geschehens bleibt gleich, Weiher, Fluss, Ozean oder Teich, Eisig und hart, flüssig, durchlässig, weich, Es ist alles das magische Wasserreich, Wo alles stets in Bewegung bleibt, Mit und gegen alles fließt und sich reibt, Ständig ankommt, ständig weitertreibt - Ne, Ort des Geschehens bleibt nimmer gleich. Kein Gedanke kehrt unverändert zurück Zum unveränderten Entstehungsheim. Schlimmer oder besser geworden ein Stück Findet sich alles wieder zusammen im Schlussreim. Che Chidi Chukwumerije Im Jahrzehnt der Deutschen Dichtung
WENN MUSEN SCHMUSEN
Ein Gedicht macht besonders Spaß wenn es am Anfang ein Gespräch war das kippte und sich selbst vergaß berührte sich intim, spannend, gebar eine Gedankenexplosion in Übermaß wo jeder Satz eine Überraschung war die, flüchtig, Poesie besaß. Che Chidi Chukwumerije Im Jahrzehnt der Deutschen Dichtung
ANTIPHONISCH
Himmel und Erde
Wolken und Seen
Träumen und Leiden
Kommen und Gehen
Wie Treffen und Trennen
Im Wechselgesang
Meinungen, die nach Meinung fragen
Tiefen, die aus der Schalheit ragen –
Welche sind die menschlicheren Plagen?
Vertragen oder Zanken?
Wie Empfindungen und Gedanken
Im Wechselgesang.
– Che Chidi Chukwumerije
Im Jahrzehnt der Deutschen Dichtung
ALLES IST POETISCH
Alles ist poetisch
wenn Du genau hinhörst
nach Innen gehst
leise wirst und nicht störst
im Widerhallhall der Götterstimmen
denen Du gehörst
wo Du nachsagend Freude singst
Schmerz trinkst, Treue schwörst
und zu Deinem Ich wirst –
Da wo sich im Dunkel und im Licht
alle Deine tiefsten Entscheidungen keimen.
Wenn Du dadrinnen bist
wirst Du leise sehen
daß der Zufall nichts macht
überhaupt aus Versehen
Die Spinnweben des Schicksals
erfassen jedes Vergehen
und die guten Absichten, die
manchmal auch dahinter stehen
und weben Dir im Handumdrehen
alles geschickt zu Deinem Lebensgedicht –
denn es wird sich zum Schluß alles reimen.
– Che Chidi Chukwumerije
Im Jahrzehnt der deutschen Dichtung
HEIMATSUCHE
Afrika wandert aus
Die Welt marschiert ein
Bis Afrika wieder den Weg nach Haus
Gefunden hat, ist’s nicht mehr seins
Europa breitete sich kräftig
Über die ganze Welt aus
Nun betrachtet eben die ganze Welt
Europa als sein Haus
Es ist ein ständiges Geben
Nehmen und Entgegennehmen
Eine Neugestaltung der Zukunft
Folgt auf jedes Unternehmen
Obwohl Du O2 einatmest
Stößt Du CO2 hinaus
Der Mensch ist ein Weltenwanderer
Von der Welt verändert unterwegs nach Haus.
– Che Chidi Chukwumerije
2019: Das Jahr der deutschen Dichtung
ZURÜCK
Schwarz gemalt
Nachgehallt
Schwarz gesehen
Durchgeknallt
Merken, was Du stiftest – Pech oder Glück –
Ist Hellseher sein, denn es kommt alles zurück.
– Che Chidi Chukwumerije.
2019: Das Jahr der deutschen Dichtung
AUF STEIGT DIE SONNE NICHT
Auf steigt die Sonne nicht
die Erde dreht sich
Ich falle nicht, ich ziehe die Erde und
die Erde zieht mich auch
Gleichartige stoßen sich nicht
ab, doch Getrennte rufen zu einander
Das Leben gab uns nichts mehre
Außer Dir mich und mir Dich.
– Che Chidi Chukwumerije.
