OFFENE UND GESCHLOSSENE HERZEN

Wir landen
Ohne daß wir Neues fanden
Wir landen genau dort
Wo wir einst standen
Auch hier an einem neuen Ort

Wir bereisen die Welt
Und begegnen überall dem gleichen Geist
Wir bereisen die Welt mit geschlossenen Herzen
Und finden überall deshalb meist
Nur die selben Wände, die gleichen Schmerzen.

Zeitreisende wissen nicht mehr
Weltenwanderer wissen nicht mehr
Jenseitige wissen nicht mehr
Als Du, wenn ihre Herzen zu sind
Und Deins offen. Sie bleiben blind.
Du aber wirst immer tiefer, je mehr Du zulässt
Auch wenn Du Deinen kleinen Ort nie verlässt.

Che Chidi Chukwumerije
Im Jahrzehnt der deutschen Dichtung

WISSEN IST VERDACHT

Eine Gesellschaft ist nimmer so fremd
daß Du nicht unter ihrer Oberfläche
ihr Verborgenes wie Konturen unterm Hemd
siehst, spürst, jede Stärke und Schwäche.

Vertraut. Bekannt. Wir kennen uns
gegenseitig, wir Menschen, und zwar gut.
Wir wissen, anhand des anderen Tuns
was er vorbereitend führt unterm Hut.

Wissen ist Verdacht. Wissen ist erdacht.
Wissen ist Schlacht, und nur manchmal Macht.
Wir wissen mit gutem und schlechtem Gewissen
das etwas kommt, deren Auswirkung wir nicht wissen.

Che Chidi Chukwumerije
Im Jahrzehnt der deutschen Dichtung

UNWISSEN WISSEN

Du musst inmitten des Andersartigen gewesen sein,
um Andersartigkeit zu begreifen. Diese Erfahrung allein
lässt in Dir den Sinn dafür überhaupt entstehen,
daß der Vielfalt der Realität weiter geht als Dein Verstehen.

Die, die immer alles besser wissen,
sind es, die am wenigsten wissen.
Alles wissen ist nichts wissen -
Nur Gott hat Allwissen, Allweisheit.

Aber auch das ist schwer zu verstehen
und, selbst für die, die es verstehen,
ist es schwer, es richtig zu verstehen -
Dies zu verstehen ist Weisheit.

Che Chidi Chukwumerije
Im Jahrzehnt der Deutschen Dichtung

ALLE WEGE FÜHREN DORTHIN

Du kannst mich nicht aufhalten,
wenn Du nicht weißt, wo ich hin will -
Vielleicht will ich mich genau dort aufhalten,
wo Deine Lüge mich hinhalten will -
Dasselbe Wort, das mich belasten soll,
tilgt stattdessen mein Haben, erhöht mein Soll.
Das, was mich verwirren, desorientieren will,
lehrt mich alles, was ich über Euch wissen soll.

Che Chidi Chukwumerije
Im Jahrzehnt der Deutschen Dichtung 

UNWISSEN IST OHNMACHT

Unwissen ist Ohnmacht
Unwissen ist ohne Macht beschwerlich
Unwissen ist mit Macht gefährlich
Unwissend seines Unwissens unwissentlich
Oder doch wissentlich?
Aber ob mit oder ohne Macht
Vor Unwissen hab Acht!
Keine Wut ist mächtiger als die Ohnmacht
Keine Macht ist wütender, wissentlich.

Che Chidi Chukwumerije
Im Jahrzehnt der Deutschen Dichtung

WISSEN VON UNWISSEN

Wissen ist Macht
Wissen ist machen
Wissen macht
Oder besser noch:
Wissen schafft!
Und doch
kommt die Veränderung stets anders
als man denkt und hofft.
Denn die Eigenschaft
von Wissen ist,
daß es die Krönung ist
von Unwissen.

Che Chidi Chukwumerije
Im Jahrzehnt der Deutschen Dichtung

SCHWEIGEND EMPFINDEN

Manchmal spürt der Mensch
in seinem eigenen Inneren
eine Tiefe so ernst, einen Ernst
so tief, keinen feineren
Begriff dafür gibt es als Wahrhaftigkeit,
irdischer ausgedrückt als Ehrlichkeit,
aber am Kindlichsten als die Einfachheit.

Wer gründlich empfinden kann,
der schweigt vollkommen ab und an.

Che Chidi Chukwumerije
Im Jahrzehnt der Deutschen Dichtung

WISSEN ÄNDERT DAS BEWUSSTSEIN

Das Gesehene
Kann nicht ungesehen werden
Gehörtes kann nicht
Ungehört werden
Wissen ändert das Bewusstsein
Unveränderlich.

Ich möchte so tun
Als wisse ich nicht, wie Ihr über mich denkt -
Schwer aber, wenn Wissen
Das Bewusstsein lenkt.
Das Bewusstsein mit Bewusstsein beschenkt
Und damit einschränkt.

Che Chidi Chukwumerije
Im Jahrzehnt der Deutschen Dichtung

NUR WISSEN VEREINT

Nichts ist wilder als Verzweiflung
Nichts zynischer als Hass
Nichts lauter als die Stimme der Zweiteilung
Einer Gesellschaft in Pass und Ohne-Pass

Lange dauert der Tiefe Heilung
Schwer ist der Weg mit Liebe als Kompass
Wichtigster Gegenstand für die Verteilung:
Wissen. Der Schlüssel zum Einlass.

Che Chidi Chukwumerije
Im Jahrzehnt der Deutschen Dichtung

WENIGER REDEN

Ich höre nicht so gut wie ich sehe
Deine Worte bedeuten mir wenig
Taten sind alles, was ich verstehe
Wenn ich sie sehe, werde ich hellhörig.

Che Chidi Chukwumerije
Im Jahrzehnt der Deutschen Dichtung