SPRECHEN IST TUN

Ich liebe Sprache -
Sie kann so viel
mit so wenig tun.

Ich fürchte Sprache -
Sie kann so viel
mit so wenig vertun.

Ich geize mit Sprache -
Sie kann um so viel
mit so wenig sich vertun.

Ich hüte Sprache -
Sie kann so Vielen
mit so wenig alles antun.

Che Chidi Chukwumerije
Im Jahrzehnt der deutschen Dichtung

DICHTEN

Ich liebe Sprache -
Sie kann so viel
mit so wenig belichten.

Ich fürchte Sprache -
Sie kann so viel
mit so wenig vernichten.

Ich achte Sprache -
Sie kann so viel
mit so wenig anrichten.

Che Chidi Chukwumerije
Im Jahrzehnt der deutschen Dichtung

MITTEN IM GESPRÄCH

Irgendwann schweigen wir
und durch unser Schweigen zeigen wir
das Vorhandensein von Welten tief in uns
jenseits der gekonntesten Redekunst.

Che Chidi Chukwumerije
Im Jahrzehnt der deutschen Dichtung

UNSERE WORTE

Ein Wort sagt tausend Dinge
und ein Ding.
Ein Wort schließt tausend Ringe
niemals nur einen Ring.

Wir hören dasselbe Wort
und niemals dasselbe Wort
sowie Menschen an einem Ort
aber jeder am eigenen Ort.

Wir haben zwei unterschiedliche Dinge gehört
und dachten, wir hören dasselbe.
Wir haben dasselbe Ding gehört
und dachten wir hören zwei unterschiedliche.

Che Chidi Chukwumerije
Im Jahrzehnt der deutschen Dichtung

ACHTE AUF DEINE TATEN

Behandle Deine Worte
als wären sie Taten
denn manch einem Morde,
so wie vielen Wohltaten,
liegen Worte zu Grunde,

nicht nur als Anzettelung
sondern vielmehr als Verankerung,
als feiner-stoffliche Vorfertigung.

Wenn Du es nicht machen würdest
dann sprich es erst nicht aus -
Wenn Du nicht wollen würdest
daß andere es machen,
dann sprich es erst nicht aus,
denn sprechen ist machen.

Willst Du es aber tun,
brauchst Du es nicht aussprechen,
sondern einfach direkt machen.

Che Chidi Chukwumerije
Im Jahrzehnt der deutschen Dichtung

TATEN SIND WORTE

Taten sind Worte
Sie waren unsere ersten Worte
der unmittelbarsten Sorte
Und, so der Anschein,
Werden sie auch unsere letzten sein.
So schätze ich uns mittlerweile ein.

Che Chidi Chukwumerije
Im Jahrzehnt der deutschen Dichtung

VIELE BLUMEN

Die einen Blumen
waren nur Gedanken
Sie blühten über meinem Kopf
Ich war der Blumentopf

Die anderen Blumen
waren Worte
Sie hüllten mich um
Schön und dennoch krumm

Einige Blumen dagegen
waren Gefühle
Wie sie in meinem Blute sprießen
wilde Dufte hinterließen

Und die aller ersten Blumen
waren Empfindungen
Es gibt einen himmlischen Garten
in denen sie auf mich warten

Aber die wichtigsten Blumen
sind meine Taten
Wenn ich sie Dir schenke
weißt Du, was ich wirklich denke.

Che Chidi Chukwumerije
Im Jahrzehnt der deutschen Dichtung

DREIECK

Der lange Weg zwischen
dem, was wir sagen, und
dem, was wir meinen, und
dem, was wir bewirken, ist
so kurz wie ein Wort, wie
ein Lachen, wie ein Blick,
der nach Osten fliegt und
im Westen ankommt, der
den Süden sucht und den
Norden findet, der den
Sonnenaufgang malt und
der Sonnenuntergang
erscheint auf der Leinwand.

Che Chidi Chukwumerije
Im Jahrzehnt der Deutschen Dichtung

HÄNDE UND AUGEN

Ein Händedruck ist manchmal ein Türknauf;
Drückt der Geist drauf, geht das Herz auf.
Augen und Fenster, da gibt’s keinen Unterschied;
Ein Blick ist Willkommen, ein Blick ist Abschied.
Lange bevor die Worte fallen,
Ohne daß irgendwelche Worte fallen,
Ist zwischen Euch die Entscheidung schon gefallen.

Che Chidi Chukwumerije
Im Jahrzehnt der Deutschen Dichtung

OHNE WORTE

Warum schweigen wir,
wenn unsere Herzen voll sind?
Und reden immer mehr
je leerer wir werden und blind?

Worte waren von jeher
ungenau, unzulänglich, schwach,
nie genug. Doch das Gespür
trifft es in der Empfindung einfach.

Che Chidi Chukwumerije
Im Jahrzehnt der Deutschen Dichtung