NEBELVORHANG

Es ist etwas da
Wir sehen es nicht
Wir wissen nicht, daß es da ist,
geschweige denn es zu begreifen,
also zu verstehen und erkennen,
oder einfach nur irgendwie wahrzunehmen
Aber es ist da.

Che Chidi Chukwumerije
Im Jahrzehnt der Deutschen Dichtung

IN MEINER BRUST

Hör zu!
Wer bist Du?
Und wo bist Du?
Es klingt fast so
Als wärest Du irgendwo
In meiner Brust
Linderst meine Frust.

Hör zu!
Ja ich höre zu
Aber wer bist Du?
Ich verstehe Dich nicht
Du formloses Gedicht
In meiner Brust
Herd meiner Wanderlust.

Hör zu!
Wenn sie reden, hör zu
Öffne Dein Ich deren Du
Lass sie Dir selbst sagen
Die Dinge, die sie plagen
In ihrer Brust
Fern von allem, was Du tust.

Dann weißt Du,
was Du tun musst.

Che Chidi Chukwumerije
Im Jahrzehnt der Deutschen Dichtung

VERINNERLICHEN

Ich könnte Dir alles sagen
Du würdest trotzdem nichts sehen
Wo meine Worte fallen im Garten der Ideen
Außer Fragen, die klagen im Magen

Deshalb sage ich nichts
Damit Du in meinem Schweigen mich hörst
Denn sollte ich sagen: Du störst
Störte ich Dein Verinnerlichen meines Gedichts.

Che Chidi Chukwumerije
Im Jahrzehnt der Deutschen Dichtung

ROLLEN

Wer fragt
führt

Wer antwortet
verführt

Wer schweigt
spürt

Wer zuhört
berührt.

Che Chidi ChukwumerijeIm Jahrzehnt der Deutschen Dichtung

FLÜSTERN

Flüstern
Damit unsere Gedanken nicht hören
Was unsere Empfindungen schwören
Damit unsere Gedanken nicht stören

Flüstern
Damit unser Verstand nicht laut auffängt
Was unser Geist leise empfängt
Damit der Kopf den Geist nicht bedrängt

Flüstern
Weil immer wenn die Schöpfung schweigt
Die Natur dann zum Enthüllen neigt
Irgendwas, was sich nicht gerne zeigt

Weil Geheimnisse nur leise singen
Wenn sie singen von schönsten Dingen
Die zärtlich nur ins Intimste eindringen,
Flüstern.

Che Chidi Chukwumerije (18.01.2020)
Im Jahrzehnt der deutschen Dichtung
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DAS RICHTIGE VERINNERLICHEN

Ein Stein fiel vom All in den Himmel hinein, verglühte fast, doch überlebte ein Rest und erreichte die Wolken, fiel weiter, wurde vom Wind erfasst, sank jedoch tiefer, bis er auf eine Bergspitze krachte und zerbrach in mehrere Teile.

Ein Teil allerdings rollte den Berg herunter und fiel mit lautem Ton in den See am Fuße des Berges hinein, störte die Oberfläche und erweckte Wellen. Dann sank er tiefer.

Ein Fisch hielt ihn für Nahrung und schnappte zu, biß ein Stück ab, schluckte es. Das Überbleibsel, ein Stückchen, sank immer tiefer, erreichte endlich den weichen Seeboden. Da lag es eine lange Weile, bis der Boden ihn allmählich verschlang.

Und siehe da, es war kein Stein. Es war ein Samen, eine Saat, und es keimte… – Nun wächst langsam eine neue wundersame Pflanze, lautlos, ungeahnt, aus dem Inneren Deines Geistes heraus, am tiefsten Boden Deiner Seele. Eine Erkenntnis, zart, blüht.

Denn nur die wenigsten Wahrheitskörnchen dringen tief genug in uns ein, um unseren Geist zu erreichen. Die meisten werden irgendwo von unserer Klugheit abgefangen und zerstört oder wir werden abgelenkt. Nur ab und zu, seltenst, wird Fundamentales von uns wirklich richtig verinnerlicht.

– Che Chidi Chukwumerije.