AN DEN ABEND

Der Abend kann auch menschlich sein
vor allem wenn Du einsam bist und allein;
Er kann ein guter Zuhörer sein und leise
und in seinem Schweigen tief und weise

Er ist einfühlsam. Er ist nachdenklich.
Er ist sorgsam, einfallsreich, fürsorglich.
Und wenn Dein Selbstgespräch fertig ist
entlässt er Dich in die Nacht, wo Du Du bist.

Che Chidi Chukwumerije
Im Jahrzehnt der deutschen Dichtung

EINFACH WARTEN

Ich habe gelernt
zu warten
Ich habe gelernt
Das Herz ist ein Garten

Alles hat die Zeit betreut
Alles, was einen Mensch bewegt
hat die Zeit empfangen und gepflegt
auch das, was er später bereut

Manches hat sie wachsen gelassen,
dies habe ich gelernt -
beim Hoffen, Fürchten, Lieben, Hassen -
aber manches hat sie entfernt.

Che Chidi Chukwumerije
Im Jahrzehnt der deutschen Dichtung

ANDERE MEINUNGEN

Ich suche nach anderen Meinungen
und finde stets die selben, die meinen
die anderen zu sein und akzeptieren
die anderen nicht, denn sie sind die kleinen.

Ich suche nach anderen Meinungen
und finde stets die alten in neuen Formen -
Was ich aber suche ist ein neues Innenwesen,
auch wenn verkleidet in alt aussehenden Normen.

Che Chidi Chukwumerije
Im Jahrzehnt der deutschen Dichtung

LIEBE MACHT DICHTER

Alkohol macht dicht
Liebe macht Dichter
Dichtung bringt Licht
heller als irdische Lichter.
Ist Dein Innenleben ein Gericht,
teils komplex, teils schlicht?
Dichten ist Schlichter.
Lies einfach ein Gedicht,
der geheime Licht-Trichter.

Che Chidi Chukwumerije
Im Jahrzehnt der deutschen Dichtung

NEU WIE ALT

Du bist neu wie die alte Sonne
die täglich neu ist und neu macht
Du bist neu wie kindliche Wonne
die wie alte Seele in jungem Körper lacht
Du bist jung im Kopf und alt im Geist
Ich kenn Dich und kenn Dich nicht irgendwie
Du bist jung doch Deine Reife beweist
In jedem kindlichem Herz wohnt ein Genie.

Che Chidi Chukwumerije
Im Jahrzehnt der deutschen Dichtung

LICHTGEDICHT

Das Licht
hat Gewicht
ist schlicht
ist Gericht
ist ein Gedicht.

Es ist Einsicht
die einbricht.

Hab in der Nacht
nachgedacht
und sah das Licht.

Che Chidi Chukwumerije
Im Jahrzehnt der deutschen Dichtung

KLAVIERTÖNE

Haben wir uns gegenseitig verletzt?
Oder gegenseitig geheilt?
Gegenseitig entsetzt? Dann ersetzt?
Gegenseitig Wahres geteilt.
Die Unterschiede lassen sich nicht mehr
Voneinander unterscheiden
Die Ähnlichkeiten werden immer mehr
Nur noch zum dadrunter Leiden.
Die Musik spielt, nachdenklich,
Rührende Klaviertöne kaum hörbar -
Die Gefühle, tief, bedenklich,
schwer zu begreifen, aber sehr spürbar.

Che Chidi Chukwumerije
Im Jahrzehnt der deutschen Dichtung

HORCHE

In jenen Momenten
wo ich in der Stille
in mir sitze und horche
und mein freier Wille
neue Empfindungen birgt
denke ich manchmal an Dich
und denke vor allem dies:
Denkst Du auch an mich?

Che Chidi Chukwumerije
Im Jahrzehnt der deutschen Dichtung

TIEFER ALS BLUT

Viele werden kommen und wieder gehen,
viele Ausländer aus Ländern und Begriffen,
denn fremdsein liegt nicht nur im Aussehen -
das besonders Fremde sitzt nicht in Schiffen.

Es sind Gedankenformen und Empfindungen,
die uns anfassen, auffassen und erfassen,
die uns einspannen in neue Verbindungen -
die wir nicht fassen - eher sie uns wieder verlassen.

Ihr denkt, daß Blut das tiefste ist…
Ihr irrt gewaltig; tiefer verankert als Blut
liegt der Boden, wo das Tatsächliche sitzt:
Fremdes, Eigenes, Geist, Hab und Gut.

Che Chidi Chukwumerije
Im Jahrzehnt der deutschen Dichtung

‘RÜBERKOMMEN

Dein Da Sein
löst mal Freude mal Pein aus
Dein Erscheinungsbild allein
ist irgendwie einzig Dein Haus
Ich kann Dich besuchen
aber Du kommst nie daraus
Du musst es in Dir suchen
Korrektur, Erfolg und Applaus.

Che Chidi Chukwumerije
Im Jahrzehnt der deutschen Dichtung