Durst. Wenn Du Durst hast, ist jeder Mensch ein Brunnen und jeder Kuss ein Fluss Wasser Wasser überall doch statt den Durst zu löschen gibt’s flüchtigen Genuss Erstaunlich die Erkenntnis: oft erfrischender als ein Kuss ist ein freundliches Servus. Che Chidi Chukwumerije Im Jahrzehnt der deutschen Dichtung
durst
ES WAR NICHT AUS SPASS
Es war nicht aus Spaß
Es waren nicht bloß Triebe
In jedem Apfel, den ich aß,
suchte ich wahre Liebe.
Wasser, Wasser überall
so trocken wie der Sand
bis ich endlich durch Zufall
mein Schicksal fand.
Wo ist der Hunger geblieben?
Wo ist der Durst hin?
Einst war ich getrieben
Jetzt weiß ich, wer ich bin.
Che Chidi Chukwumerije
Im Jahrzehnt der deutschen Dichtung
NACHTBEDARF
Die Nacht hat einen großen Bedarf Ich bin gefühlt ihr zweites Selbst Sie will mich schlucken, ganz Ich will sie überwinden wie Distanz Sie ist gefüllt mein zweites Selbst Voll mit allem, was ich nur nachts darf. Che Chidi Chukwumerije Im Jahrzehnt der Deutschen Dichtung
WIDERSPRÜCHE
So oft wir abheben und wieder
auf den Boden der Tatsachen landen
So oft wir tags Gedanken verlieren
deren Fäden wir nachts fanden
So oft wir in der Gegenwart anfingen
und in der Vergangenheit doch stranden
weil heute uns die Widersprüche trennen
die uns gestern verbanden..
So oft warst du mein Freudenhaus
denn ich ging pausenlos ein und aus
und nie habe ich dich verstanden
Doch tausendmal in dich gehen
und tausendfach dich nicht verstehen
war Durst alles, was wir empfanden.
– Che Chidi Chukwumerije
Im Jahrzehnt der Deutschen Dichtung
AUFGEWÜHLT
Heute bin ich müde
und kann nicht schlafen –
Gestern schlief ich
und war nicht müde.
Heute bin ich reifer
und brauche die Kindlichkeit
Gestern war ich ein Kind
und brauchte mehr Reife
Heute habe ich Essen
doch ich bin nicht mehr hungrig
Jetzt habe ich Durst
denn ich verbrenne innerlich.
Doch ich bin nicht allein
Auch der Planet ist aufgewühlt
und Flüchtlinge irren herum
und die Politik ist verunsichert.
– Che Chidi Chukwumerije
Im Jahrzehnt der Deutschen Dichtung
LIEBESKRANK
Für eine Ohrfeige
Schenkt sie Dir ein dunkles Grinsen
Daß Dich erschreckt und befriedigt
Denn Du merkst, sie ist krank
Krank vor Liebe
Krank ohne Liebe
Und Du weißt nicht,
Welchem Teil von Dir Du gehorchen sollst:
Dem Biest oder dem Engel
Dem Feigling oder dem Ritter.
Denn Du möchtest sie töten
Und Du möchtest sie retten.
– Che Chidi Chukwumerije
Im Jahrzehnt der deutschen Dichtung
STILLEN
Deine Brust
Gib mir Deine Brust
Ich schreibe drauf meine Frust
Dann kannst Du ohne Worte lesen
was Du eh schon instinktiv gewusst
wie meine Gefühle, wild gewesen,
sich nun stillen müssen an Deiner Lust.
– Che Chidi Chukwumerije
Im Jahrzehnt der deutschen Dichtung
BEFEHL
Dich gehen lassen
und hinterher trösten
oder
Dich vorher warnen
und hinterher bestrafen
?
Denn ich höre
wie der unruhige Wald
pausenlos
Dich innig ruft:
Kommst Du bald
?
Seine Augen sind
tags dunkel, nachts hell
Sag: Wie
lange noch kannst Du Dich
widersetzen seinem Befehl
?
– Che Chidi Chukwumerije (07.02.2020)
Im Jahrzehnt der deutschen Dichtung
SPIEL MIR DEIN LEID
Gitarre meine sei Deine Zuneigung
Saiten Deiner Innenseiten warm und
weich ausgeweidet, zäh langgezogen
Deine weinende schreiende Sehnsucht
nach einem wiederkehrenden Refrain
diese Musik hat kein Ende – Kleine
Sendepausen zwischen Deinen Nöten
aber nichts wird sich wiederholen, außer
den Tiefpunkten Deiner Sehnsucht und
den Höhepunkten Deiner Sehnsucht.
– Che Chidi Chukwumerije
2019: Das Jahr der deutschen Dichtung
DURST UND EINSAMKEIT
Ich hatte Durst
Und stand an einem Fluß
Und trank nicht
Und mein neuer Durst wurde gelöscht
Durch meinen alten Durst
Denn mein alter Durst
Trieb mich weiter und immer
Weiter…
Ich war einsam
Und stand vor einer Umarmung
Und ging nicht hinein
Und meine Scheinsamkeit wurde getröstet
Durch meine Einsamkeit
Die so alt ist wie meine Reise
Und sie genügen mir und füllen mich
Der Durst und die Einsamkeit
Und füttern mich täglich mit
Der Götterspeise:
Dem Fluch der Erinnerung und
Dem Segen des Vergessens.
– Che Chidi Chukwumerije
2019: Das Jahr der deutschen Dichtung
