Die Nacht hat einen großen Bedarf Ich bin gefühlt ihr zweites Selbst Sie will mich schlucken, ganz Ich will sie überwinden wie Distanz Sie ist gefüllt mein zweites Selbst Voll mit allem, was ich nur nachts darf. Che Chidi Chukwumerije Im Jahrzehnt der Deutschen Dichtung
durst
WIDERSPRÜCHE
So oft wir abheben und wieder
auf den Boden der Tatsachen landen
So oft wir tags Gedanken verlieren
deren Fäden wir nachts fanden
So oft wir in der Gegenwart anfingen
und in der Vergangenheit doch stranden
weil heute uns die Widersprüche trennen
die uns gestern verbanden..
So oft warst du mein Freudenhaus
denn ich ging pausenlos ein und aus
und nie habe ich dich verstanden
Doch tausendmal in dich gehen
und tausendfach dich nicht verstehen
war Durst alles, was wir empfanden.
– Che Chidi Chukwumerije
Im Jahrzehnt der Deutschen Dichtung
AUFGEWÜHLT
Heute bin ich müde
und kann nicht schlafen –
Gestern schlief ich
und war nicht müde.
Heute bin ich reifer
und brauche die Kindlichkeit
Gestern war ich ein Kind
und brauchte mehr Reife
Heute habe ich Essen
doch ich bin nicht mehr hungrig
Jetzt habe ich Durst
denn ich verbrenne innerlich.
Doch ich bin nicht allein
Auch der Planet ist aufgewühlt
und Flüchtlinge irren herum
und die Politik ist verunsichert.
– Che Chidi Chukwumerije
Im Jahrzehnt der Deutschen Dichtung
LIEBESKRANK
Für eine Ohrfeige
Schenkt sie Dir ein dunkles Grinsen
Daß Dich erschreckt und befriedigt
Denn Du merkst, sie ist krank
Krank vor Liebe
Krank ohne Liebe
Und Du weißt nicht,
Welchem Teil von Dir Du gehorchen sollst:
Dem Biest oder dem Engel
Dem Feigling oder dem Ritter.
Denn Du möchtest sie töten
Und Du möchtest sie retten.
– Che Chidi Chukwumerije
Im Jahrzehnt der deutschen Dichtung
STILLEN
Deine Brust
Gib mir Deine Brust
Ich schreibe drauf meine Frust
Dann kannst Du ohne Worte lesen
was Du eh schon instinktiv gewusst
wie meine Gefühle, wild gewesen,
sich nun stillen müssen an Deiner Lust.
– Che Chidi Chukwumerije
Im Jahrzehnt der deutschen Dichtung
BEFEHL
Dich gehen lassen
und hinterher trösten
oder
Dich vorher warnen
und hinterher bestrafen
?
Denn ich höre
wie der unruhige Wald
pausenlos
Dich innig ruft:
Kommst Du bald
?
Seine Augen sind
tags dunkel, nachts hell
Sag: Wie
lange noch kannst Du Dich
widersetzen seinem Befehl
?
– Che Chidi Chukwumerije (07.02.2020)
Im Jahrzehnt der deutschen Dichtung
SPIEL MIR DEIN LEID
Gitarre meine sei Deine Zuneigung
Saiten Deiner Innenseiten warm und
weich ausgeweidet, zäh langgezogen
Deine weinende schreiende Sehnsucht
nach einem wiederkehrenden Refrain
diese Musik hat kein Ende – Kleine
Sendepausen zwischen Deinen Nöten
aber nichts wird sich wiederholen, außer
den Tiefpunkten Deiner Sehnsucht und
den Höhepunkten Deiner Sehnsucht.
– Che Chidi Chukwumerije
2019: Das Jahr der deutschen Dichtung
DURST UND EINSAMKEIT
Ich hatte Durst
Und stand an einem Fluß
Und trank nicht
Und mein neuer Durst wurde gelöscht
Durch meinen alten Durst
Denn mein alter Durst
Trieb mich weiter und immer
Weiter…
Ich war einsam
Und stand vor einer Umarmung
Und ging nicht hinein
Und meine Scheinsamkeit wurde getröstet
Durch meine Einsamkeit
Die so alt ist wie meine Reise
Und sie genügen mir und füllen mich
Der Durst und die Einsamkeit
Und füttern mich täglich mit
Der Götterspeise:
Dem Fluch der Erinnerung und
Dem Segen des Vergessens.
– Che Chidi Chukwumerije
2019: Das Jahr der deutschen Dichtung
VENUS
Ewiger Sturm
Wer vermag die Dichte
Deiner Gefühlswolken zu teilen?
Das Gedränge deines Empfindungswirbels
Die heulenden Wunden
Zu heilen?
Dich kennen die nicht, die dich
Kühl und ruhig aus der Ferne nennen
Sturm, wie du durch mein Leben rast
Wie wir durstlieben und unauslöschlich verbrennen.
Wer vermag dich zu verstehen?
Auf Erleben folgt Zergehen.
Kann die Liebe
Zu einem Todesurteil werden?
Denn mit dir leben
Ist mit dir sterben.
– CHE CHIDI CHUKWUMERIJE.
WANDERDURST
Schweres Regentröpfchen
Schwanger mit einem ganzen Gestern
Wie bewegst du dich traurig
Die Wange der Welt herab
Die dürstende Erde wird deine Traurigkeit
Dankbar schlucken
Und erblühen
Ich habe einmal zu oft aus deinem Herzen
Getrunken, Liebling
So einen Durst habe ich
Du hast einmal zu oft über mich
Und meinetwegen
Geweint
Die Oase enthält kein Wasser mehr
Weiter wandere ich
Ich habe Durst.
– CHE CHIDI CHUKWUMERIJE.